
Im Februar erschütterte eine Reihe von Erdbeben die Türkei nahe der Grenze zu Syrien. Dabei hatte das stärkste Beben eine Magnitude von 7,8. Zehntausende Menschen kamen ums Leben, viele weitere wurden verletzt und es fehlte an lebensnotwendigen Gütern.
Vor den Erdbeben litt die Region bereits unter dem fast 12 Jahre andauernden Krieg in Syrien, der zu einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt wurde. Zwei Millionen Menschen fehlte es während des kalten Winters an geeigneten Unterkünften und das ohnehin schon geschwächte Gesundheitssystem ringt mit dem jüngsten Cholera-Ausbruch.
In der Türkei, die derzeit über 3,6 Millionen registrierte syrische Geflüchtete aufgenommen hat, ist die Erdgasversorgung stark beeinträchtigt und viele Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
„Diese sechzig Sekunden oder vielleicht auch etwas mehr, fassen zwölf Jahre Krieg, Zerstörung und Vertreibung zusammen“, sagt Hamed*, Leiter des Bereichs Wirtschaft, Wiederaufbau und Entwicklung bei IRC in Syrien.
Seit 2012 ist International Rescue Committee (IRC) in Syrien tätig. Mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen leisten im Land lebensrettende Gesundheits- und Schutzdienste sowie Wiederaufbauhilfe. Seit den verheerenden Erdbeben hat IRC die Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung sowohl in der Türkei als auch in Syrien ausgeweitet und arbeitet eng mit lokalen Organisationen zusammen. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über IRCs derzeitigen Beitrag.
Bargeldhilfe

Bargeld ist eines der effektivsten Mittel, um Menschen in Krisensituationen zu helfen. Seit den Erdbeben haben unsere Teams Bargeld an Familien verteilt.
„Die Menschen haben alles verloren - ihre Häuser, ihre Kinder, ihre Lebensgrundlage”, sagt Hamed. „Die Bereitstellung von Bargeld kann den Menschen helfen, ihre dringenden Bedürfnisse zu decken und wieder auf die Beine zu kommen.”
Bis zum 8. März hat IRC Bargeld an 4.277 Haushalte in Syrien verteilt - das entspricht etwa 25.662 Menschen. Damit können Familien lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel, Kleidung und Haushaltswaren leichter beschaffen.

„Den Menschen fehlt es an allem”, sagt Muneer, der durch das Erdbeben drei Kinder verloren hat. Er erhält zurzeit Soforthilfe in Form von Bargeld von IRC.
„Die Menschen trauen sich nicht, etwas zu fordern”, fährt er fort. „Wenn man heute jemandem Brot gibt, hat er oder sie keine andere Wahl, als es zu essen. Aber wenn man den Leuten 50-100 türkische Lira gibt, wissen sie selbst am besten, was sie wirklich brauchen.”
Medizinische Versorgung
Mobile Kliniken

Dania, eine 25-jährige Mutter von fünf Kindern, und ihre Familie waren alle am Schlafen, als das erste Erdbeben sich ereignete. Nach mehreren Nachbeben hörte sie, wie ihr Schwager und seine Frau an ihre Tür klopften und sie aufforderten, das Haus zu verlassen.
„Als ich die Türschwelle verließ, brach alles zusammen”, sagt sie. „Ich legte mich neben die Tür und schützte meinen Kopf mit meinen Händen. Wir fingen an zu schreien. Als wir die Treppe hinuntergingen, sagten die Leute, dass ein benachbartes Gebäude eingestürzt sei. Die Eingangstür und der Haupteingang wurden schwer beschädigt. Es ist nicht mehr bewohnbar, nicht mal für eine einzige Sekunde.”
Vor dem Erdbeben war Danias Mann, ein Bauer, der Alleinverdiener der Familie. Da seine Felder nun zerstört sind, macht sich Dania Sorgen um ihren Sohn, der an Asthma leidet. Vor kurzem konnte sie Kontakt zu einem Team der mobilen medizinischen Klinik von IRC aufnehmen, das sie mit Medikamenten und Impfstoffen versorgte.
Mit diesen mobilen Kliniken leistet IRC lebenswichtige medizinische Hilfe für die Überlebenden des Erdbebens und erreicht täglich etwa 300 Menschen - bis zum 7. März insgesamt mehr als 4.000 Personen.
Psychosoziale Unterstützung

Die katastrophalen Beben und Nachbeben brachten Gebäude zum Einsturz, während die Menschen schliefen, sodass sich viele nicht trauten, in den Häusern zu bleiben. Über lokale Partner*innen unterstützen wir weitere 18 Gesundheitseinrichtungen, darunter auch psychiatrische Abteilungen, um Menschen mit Traumata zu helfen. Dazu gehören Beratungsgespräche zur Unterstützung von Frauen, Kindern und Helfer*innen sowie die Bereitstellung von sicheren Unterkünften für die betroffenen Personen.
„Psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung sind in dieser Zeit für die Überlebenden des Erdbebens von zentraler Bedeutung, da Traumata und Notlagen weit verbreitet sind”, sagt Tanya Evans, IRC-Programmdirektorin in Syrien.
„Wir sprachen mit einer 34-jährigen Frau, deren 9-jährige Tochter aufgrund von Albträumen nur schwer schlafen kann. Sie erzählte uns, dass sie jetzt oft nachts aufwacht und schreit: 'Mama, Erdbeben, Erdbeben!'”.

„Mithilfe der mobilen Klinik breiten wir uns in mehreren Gebieten aus”, sagt Sayeed, leitender IRC-Mitarbeiter für psychische Gesundheit in Syrien. „Wir, die Mitarbeiter*innen im Bereich der psychischen Gesundheit, werden uns auf Selbstfürsorge und Unterstützung konzentrieren, um unsere Leute bestmöglich unterstützen zu können.”
Unsere Teams haben auch beschädigte Gesundheitszentren wieder aufgebaut und versorgen Frauen und Mädchen mit Seife, Hygiene- und Menstruationsartikeln.
Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen
In den betroffenen Gebieten in der Türkei arbeiten wir eng mit Partnern zusammen, die die Lage in ihren Gemeinden am besten kennen. So können wir die Hilfsmaßnahmen verstärken und ihnen bei der Beschaffung von Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern im großen Umfang helfen.
Im gemeinsamen Einsatz mit lokalen Organisationen können wir Erfahrungen bündeln und zu Gunsten der Bevölkerung nutzen.
Dazu gehört auch die Verteilung von Lebensmittelmarken in lokalen Supermärkten und die Vermittlung an private Dienstleister zur kostenlosen medizinischen Weiterbehandlung.

„Dieses Erdbeben hat zwei Minuten gedauert und mehr als 13 Millionen Menschen betroffen”, sagt Esra, eine 27-jährige Ärztin aus der Türkei.
Esra und ihr Team richten über eine IRC-Partnerorganisation, die Independent Doctors Association, mobile Kliniken für Physiotherapie und psychosoziale Unterstützung in den türkischen Provinzen Gaziantep und Kilis ein.

*Name geändert oder aus Datenschutzgründen weggelassen
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