
In der Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) wird jedes Jahr analysiert, in welchen Ländern das Risiko für eine Verschlechterung humanitärer Krisen im kommenden Jahr am größten ist. Zum zweiten Mal in Folge steht Sudan an der Spitze der IRC Emergency Watchlist 2025. Die Gründe dafür sind der eskalierende Konflikt, Massenvertreibungen, die Wirtschaftskrise und das Gesundheitssystem, das kurz vor dem Zusammenbruch steht.
Schon vor dem Ausbruch des Konflikts im April 2023 befand sich Sudan in einer schweren humanitären Krise. Aufgrund langanhaltender politischer Instabilität und wirtschaftlicher Probleme benötigten 15,8 Millionen Menschen Unterstützung. Der Konflikt hat die Situation weiter verschlimmert, sodass nun 14,6 Millionen Menschen vertrieben und fast 30,4 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – auf Hilfe angewiesen sind.
Damit handelt es sich um die größte Vertreibungskrise der Welt. Erfahre mehr über die anhaltende Krise in Sudan.
Vor welchen Herausforderungen stehen die Menschen in Sudan?
Der Bürgerkrieg hat Sudan in nur zwei Jahren schwer erschüttert: Zivilist*innen werden angegriffen und ihre Rechte verletzt. Das Gesundheitssystem des Landes ist zusammengebrochen, während eine Hungerkrise viele Menschen in Lebensgefahr bringt. Gewalt und Zugangsbeschränkungen für humanitäre Helfer*innen erschweren die Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter an die am stärksten gefährdeten Menschen.
Der Krieg in Sudan geht weiter
Der Konflikt zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) eskalierte am 15. April 2023. Die Zivilbevölkerung trägt die Hauptlast des Konflikts: Sexualisierte Gewalt ist weit verbreitet. Kampfhandlungen richten sich gezielt gegen Zivilist*innen und lebenswichtige Infrastrukturen. Auch die Rekrutierung von Kindersoldaten ist keine Seltenheit. Menschenrechtsorganisationen werfen den Konfliktparteien in Darfur ethnische Säuberungen vor. Zehntausende wurden getötet. Immer wieder werden Zivilist*innen wahllos angegriffen.
Statt auf diplomatische Lösungen hinzuarbeiten, verschärfen ausländische Akteure den Konflikt, indem sie ihre jeweiligen Verbündeten mit Waffen versorgen. Die Anführer von SAF und RSF glauben, dass ihnen das Weiterkämpfen am meisten nützt und steuern Sudan damit auf einen humanitären Zusammenbruch zu.
„Es reicht. Worte können das Leid von über 30 Millionen Menschen durch diesen verheerenden Konflikt nicht mehr fassen. Weil diplomatische Akteure versagt haben, konnte sich die Krise in Sudan dramatisch verschlimmern“, sagt Anne Marie Schryer, IRC-Advocacy-Beauftragte für Ostafrika.

Sudan: Die weltweit größte und am schnellsten wachsende Vertreibungskrise
Der Krieg in Sudan hat zu massiver Vertreibung geführt – innerhalb des Landes und über die Grenzen hinaus. Seit April 2023 sind über 12 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr als vier Millionen, vor allem Frauen und Kinder, haben das Land verlassen und Schutz in Nachbarländern gesucht.
Von Juni bis September 2024 kamen starke Regenfälle und Überschwemmungen hinzu. Sie trafen fast 600.000 Menschen, vertrieben über 172.500 Menschen aus ihren Häusern und zerstörten viele Unterkünfte und wichtige Infrastruktur. Die Überschwemmungen lösten außerdem einen neuen Cholera-Ausbruch aus. Besonders betroffen sind Regionen wie das Rote Meer und Nord-Darfur – dort droht jetzt zusätzlich eine Hungersnot. Die Menschen dort kämpfen gleichzeitig mit Krieg, Unsicherheit und der Gefahr, zu verhungern.
Länder wie Tschad und Südsudan haben viele geflüchtete Menschen aus Sudan aufgenommen. Ohne internationale Unterstützung fehlen ihnen die Mittel, um die dringend benötigte Hilfe zu leisten.
Hungersnot bedroht Gemeinschaften
Der Hunger breitet sich im ganzen Land aus. Gewalt verhindert, dass Hilfsorganisationen Lebensmittel dorthin bringen können, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Gleichzeitig steigen die Preise stark an. Die Lebensmittelversorgung bricht zusammen – mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung.
Mehr als 635.000 Menschen, auch in der größten Notunterkunft für Vertriebene, sind bereits von Hungersnot betroffen. Die extreme Knappheit führt dazu, dass viele nicht die nötigsten Nährstoffe erhalten, wodurch sie besonders anfällig für Krankheiten und Infektionen sind.
In keinem anderen Land auf der Welt hungern aktuell so viele Menschen so extrem wie in Sudan.
„Ein sofortiger Waffenstillstand ist jetzt wichtiger denn je, um die katastrophalen Folgen der eskalierenden Hungerkrise zu stoppen”, sagt Eatizaz Yousif, IRC-Landesdirektorin für Sudan.
Das Gesundheitssystem steht am Rande des Zusammenbruchs
Der Konflikt in Sudan hat die öffentliche Infrastruktur des Landes, einschließlich des Gesundheitssystems, enorm beeinträchtigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zwischen April 2023 und Oktober 2024 mindestens 119 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in Sudan bestätigt. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen. Über 80 Prozent der Krankenhäuser in den von Konflikt betroffenen Regionen sind nicht funktionsfähig. Millionen Menschen bleibt so der Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Hilfe verwehrt, während Krankheitsausbrüche zunehmen.
Rund 3,4 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind besonders anfällig für Epidemien. Die Sterberate durch Cholera ist inzwischen dreimal so hoch wie der weltweite Durchschnitt.

Frauen und Kinder in Gefahr
Die anhaltende Krise trifft Frauen und Mädchen besonders hart. Der Zusammenbruch wichtiger Gesundheitseinrichtungen bringt vor allem Mütter in den Monaten nach der Geburt in Lebensgefahr – eine medizinische Versorgung ist kaum noch erreichbar.
Geschlechtsspezifische Gewalt nimmt weiter zu. Berichte über häusliche Gewalt, sexuelle Ausbeutung, Missbrauch und Menschenhandel häufen sich, während Betroffene kaum Zugang zu Schutz und Unterstützung haben. Die wirtschaftliche Not zwingt viele Frauen dazu, sich auf ausbeuterische oder gefährliche Situationen einzulassen, wodurch ihre Verwundbarkeit wächst.
In Darfur verschärft sich die Lage durch anhaltende Kämpfe, gezielte Gewalt gegen Zivilist*innen, Vertreibung und die offizielle Ausrufung einer Hungersnot. Berichte über sexualisierte Gewalt sind alarmierend und zeigen das immense Leid, dem Frauen und Kinder in dieser Krise ausgesetzt sind.
Dringende Maßnahmen sind nötig, um diese Gräueltaten zu stoppen und den Betroffenen zu helfen.

Wie hilft IRC in Sudan?
Seit Beginn des Konflikts hat IRC seine humanitären Programme angepasst und aufgestockt, um den gestiegenen humanitären Bedarfen in Sudan gerecht zu werden. Trotz großer Herausforderungen, wie der Schließung von Büros aus Sicherheitsgründen, arbeitet IRC weiterhin daran, betroffene Gemeinden im Land und in den Nachbarstaaten zu unterstützen.
IRC bietet unter anderem folgende Maßnahmen an:
- Wasser-, Sanitär- und Hygienemaßnahmen (WASH): Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen;
- Schutz und Unterstützung: Hilfe für Kinder, Frauen und Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV);
- Gesundheits- und Ernährungsprogramme: Versorgung über mobile und stationäre Kliniken;
- Wirtschaftliche Unterstützung: Bargeldhilfe für Binnenvertriebene und ihre Aufnahmegemeinschaften.
Kurz nach dem Ausbruch des Konflikts im April 2023 hat IRC ein Büro in Wad Madani, Al Jazirah, eröffnet, um Gesundheits- und Ernährungsdienste für Binnenvertriebene aus Khartum bereitzustellen. Dieses Büro musste aus Sicherheitsgründen geschlossen und das Personal an andere Standorte verlegt werden.
Derzeit ist IRC in den Bundesstaaten Blue Nile, Khartum, Gederaf, River Nile, South Kordofan und White Nile sowie in Port Sudan aktiv. IRC leistet Soforthilfe in zugänglichen Gebieten von Khartum und arbeitet eng mit lokalen Partnerorganisationen zusammen.

Wie hilft IRC sudanesischen Geflüchteten?
Über drei Millionen Menschen haben seit April 2023 in den Nachbarstaaten Sudans Zuflucht gesucht. IRC hat die grundlegende Versorgung zur Unterstützung sudanesischer Geflüchteter ausgeweitet, unter anderem in Uganda, Tschad, Äthiopien und Südsudan.
Mehr als 700.000 Menschen sind seit April 2023 nach Tschad geflohen. Frauen und Kinder machen mehr als 90 Prozent der Geflüchteten aus. Ein Fünftel der Kleinkinder ist von akuter Unterernährung betroffen.
„Die Tatsache, dass Frauen und Kinder einen so großen Anteil der neu Ankommenden in Tschad ausmachen, ist besonders besorgniserregend. Sie gehören in Konfliktsituationen oft zu den am meisten gefährdeten Gruppen“, erklärt die IRC-stellvertretende Regionaldirektorin für Zentralafrika, Aleksandra Roulet-Cimpric. „Frauen und Kinder sind stärker von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt bedroht. Zudem haben sie oft Schwierigkeiten, Zugang zu lebensnotwendiger Versorgung wie Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe zu bekommen.“
In Tschad stellt IRC Trinkwasser zur Verfügung und betreibt mobile Kliniken, um den großen Bedarf der ankommenden Menschen an medizinischer Versorgung zu decken. Neben Nothilfemaßnahmen arbeitet IRC auch daran, die Unterstützung in den Bereichen Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), Gesundheit und Schutz auszuweiten. Dazu gehören der Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen sowie die Förderung guter Hygienepraktiken, um der Verbreitung von Krankheiten vorzubeugen.

Wie kann ich helfen?
Spende jetzt, um IRC dabei zu unterstützen, lebensnotwendige Hilfe in Sudan und weltweit zu leisten. Wir leisten aktiv lebenswichtige Hilfe für Menschen in über 40 Ländern, die von Krisen betroffen sind, darunter auch Länder, die auf der Emergency Watchlist 2025 stehen.
Erfahre mehr über die zehn größten Krisen, die die Welt 2025 nicht ignorieren kann und informiere dich über die vollständige Emergency Watchlist 2025 von IRC.
Lies den Krisenreport von IRC zu Sudan.
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