Der Krieg hat die größte Fluchtbewegung der Welt verursacht

  • Die Krise in der Ukraine hat das Land zum ersten Mal seit 2017 auf IRCs Rangliste der größten Krisen gesetzt.
  • Der Konflikt wird wahrscheinlich bis 2023 andauern, wobei die Zivilbevölkerung zunehmend von Verletzungen, Krankheiten und Tod bedroht ist.
  • Durch russische Raketenangriffe könnten Millionen Menschen im Winter ohne Wasser, Strom und Heizung sein.
  • Mehr als 6,5 Millionen Ukrainer*innen sind innerhalb des Landes vertrieben worden, während 7,8 Millionen weitere Menschen in ganz Europa Zuflucht suchen.
Erfahren Sie mehr über die Krisen auf der Watchlist 2023.

Die Krise im Überblick

Millionen Menschen mussten ihr Zuhause in der Ukraine verlassen und sind seitdem auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat die größte und am schnellsten anwachsende Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Mehr als 5.000 Menschen sind bei den Kampfhandlungen bereits getötet wurden, viele weitere teils schwer verletzt.  Bisher sind 7,2 Millionen Ukrainer*innen in die Nachbarländer geflohen. Weitere 7 Millionen Frauen, Männer und Kinder sind im eigenen Land vertrieben worden und benötigen ebenso dringend humanitäre Unterstützung. Viele von ihnen sind vollkommen auf sich gestellt, haben keine Unterkunft oder können das Land aufgrund der anhaltenden Gewalt nicht verlassen. Brücken, Straßen und Fluchtkorridore sind zerstört. Es gibt für sie kaum Hilfe oder Informationen, wo sie Schutz und Zuflucht finden können.

Was hat die aktuelle Krise in der Ukraine ausgelöst?

Am 24. Februar 2022 hat Russland einen Militäreinsatz in der Ukraine eingeleitet. Bomben und Artillerie beschädigen und zerstören seitdem Häuser, Schulen, Krankenhäuser und andere zivile Infrastruktur.
Innerhalb der Ukraine sind 7 Millionen Menschen vertrieben worden, weitere 7,2 Millionen sind auf der Suche nach Schutz in Nachbarländer geflohen. Die Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Sie sind in dieser Krise am stärksten von Ausbeutung und Gewalt bedroht.

Mit dem Ende der Sowjetunion ist die Ukraine seit 1991 ein unabhängiger Staat geworden. Seitdem baut das Land engere Verbindungen zur Europäischen Union und der NATO auf. Russland betrachtet dies als eine wirtschaftliche und strategische Bedrohung gegen sich.

Die Eskalation der Spannungen folgte jedoch auf eine bereits bestehende humanitäre Krise. Bereits 2014 ist Russland auf ukrainischem Territorium aktiv und annektierte schließlich noch im gleichen Jahr die Halbinsel Krim. Seitdem unterstützt Russland pro-russische Separatisten im Osten des Landes. Infolge der gewaltsamen Auseinandersetzungen starben bis 2022 bereits über 3.000 Menschen in der Region. Mehr als 850.000 Menschen mussten fliehen und mehr als drei Millionen sind seitdem auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Was sind die größten humanitären Herausforderungen in der Ukraine?

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat im Europa des 21. Jahrhunderts ein bisher nie dagewesenes menschliches Leid ausgelöst. Die Weltgemeinschaft wird Zeuge vom gewaltsamen Tod unschuldiger Frauen, Männer und Kinder, der Zerstörung lebensnotwendiger Infrastruktur und einer massiven Fluchtbewegung innerhalb der Ukraine sowie in Nachbarländer.

Mit der anhaltenden Gewalt ist das Leben derjenigen, die in der Ukraine geblieben sind, akut bedroht. Ohne Heizung, Strom und sauberes Wasser sind die Bedingungen für alle, die in Kellern oder U-Bahn-Stationen Schutz suchen, kaum zu ertragen. Bomben und Artillerie haben Straßen und Brücken zerstört und hindern die Bevölkerung daran, sich Nahrungsmittel und andere lebensnotwendige Güter zu besorgen.

Der Krieg hat die Infrastruktur der Ukraine geschwächt und die Wirtschaft des Landes stark getroffen. Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen wurden attackiert. Das ukrainische Gesundheitssystem hat bereits infolge der COVID-19 Pandemie gelitten. In den kommenden Monaten werden zehntausende schwangere Frauen gebären – viele von ihnen ohne Zugang zu wichtiger medizinischer Geburtshilfe und anderen Gesundheitsleistungen, die aufgrund der Krise nicht mehr aufrechterhalten werden können.

Die Erfahrung von IRC zeigt, dass sich Infektionskrankheiten wie Cholera ausbreiten und Menschen an vermeidbaren Krankheiten sterben, wenn sie in Krisengebieten eingeschlossen sind und keinen Zugang zu sauberen Sanitäreinrichtungen haben.

Der Krieg in der Ukraine wird auch weitreichende humanitäre und destabilisierende Auswirkungen auf Europa und die Welt haben. Vor allem die Nachbarländer der Ukraine tragen eine schwere Last. Besonders betroffen sind derzeit Lieferungen von Weizen und anderen Grundnahrungsmitteln aus der Ukraine in Länder wie Jemen, Libyen und Libanon, wo sie von den dortigen Bevölkerungen dringend benötigt werden. Dort droht den Menschen bereits jetzt schon akut Hunger.

Wie ist die Situation für Geflüchtete aus der Ukraine?

Der Angriff auf die Ukraine hat weltweit die größte Fluchtbewegung ausgelöst und der anhaltende Krieg zwingt weiterhin Menschen – die meisten Frauen, Kinder und ältere Menschen – das Land zu verlassen und in Polen, Moldau oder anderen Europäischen Staaten Schutz zu suchen.

Mehr als 7 Millionen Menschen sind seit dem 24. Februar aus der Ukraine geflohen. Die meisten von ihnen suchten Zuflucht in Polen.

An den Grenzen zu Polen, Rumänien, Ungarn, Slowakei und Moldau kommen noch immer zahlreiche Menschen, die nur das Nötigste mit sich tragen. An den Grenzübergängen bilden sich oft lange Warteschlagen und auf der anderen Seite gibt es selten Einrichtungen, die die Menschen empfangen. Es werden dort deshalb dringend Nahrung und Wasser benötigt sowie Erste Hilfe, Toiletten und psychologische Unterstützung.

Frauen und Kinder, insbesondere unbegleitete, sind verstärkt dem Risiko von Ausbeutung und Missbrauch, sexualisierter Gewalt und Menschenhandel ausgesetzt.

Wie hilft IRC in der Ukraine und in Polen?

In der Ukraine arbeiten wir gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen, um vertriebene Menschen zu unterstützen. Unsere Hilfe umfasst:

  • Die Unterstützung von Evakuierungsmaßnahmen für Frauen und Kinder
  • Verteilung von Nahrungsmitteln, Decken, warmer Kleidung und mobilen Herdplatten zum Kochen
  • Bargeldhilfe, damit die Menschen selbst entscheiden können, was sie am dringendsten benötigen
  • Information und Aufklärung über Unterkunft, Arbeitsmöglichkeiten sowie die Rechte der Geflüchteten
  • Psychologische Beratungsangebote über eine eingerichtete Hotline

In Polen unterstützen wir mit Partnerorganisationen Geflüchtete und Familien, die Geflüchtete aufgenommen haben sowie dieoffiziellen Empfangszentren an der polnisch-ukrainischen Grenze. Weiterhin umfassen unsere Dienstleistungen:

  • Psychosoziale Betreuung und Übersetzungsdienste
  • Beratung in Rechtsfragen und eine Hotline zu Hilfsangebotenfür Frauen
  • Bereitstellung von medizinischer Ausrüstung und anderem Material für Ersthelfer*innen und medizinisches Personal, die an Grenzübergängen und in Empfangszentren Geflüchtete betreuen
  • Bereitstellung von Decken, Schlafsäcken und anderen lebensnotwendigen Gütern
  • Bargeldhilfe, damit die Geflüchteten selbst entscheiden können, was sie am dringendsten benötigen

IRC macht auch politisch Druck. Wir setzen uns gemeinsam mit Unterstützer*innen dafür ein, dass Gesetze und Richtlinien für schutzbedürftige Menschen verbessert werden und sie die Hilfe bekommen, die sie für ein würdevolles Leben brauchen. Deshalb fordern wir:

  • Einen sofortigen Waffenstillstand
  • Die Einstellung aller Völkerrechtsverstöße, damit Zivilist*innen geschützt und nicht weiter vertrieben werden
  • Schutz und Hilfe für Frauen und Mädchen zum wichtigsten Ziel der internationalen humanitären Hilfsleistungen zu erklären

Die Krise in Zahlen

Über 7 Millionen

Menschen sind im eigenen Land auf der Flucht vor der Gewalt vertrieben worden.

Insbesondere in den belagerten Gebieten ist die humanitäre Not am größten.

7,2 Millionen

Menschen sind aus der Ukraine geflohen.

3 Millionen Menschen haben allein in Polen Schutz gefunden.

Fast 1 Million

Geflüchtete Menschen leben in Deutschland.

Die meisten von ihnen Frauen und Kinder.