Anfang September hat Mehdi einen Anruf erhalten, der sein Leben verändert hat. Nach über 11 Jahren, die er von seinem kleinen Bruder Ali getrennt war, ist es endlich so weit: Ali darf zu ihm nach Deutschland einreisen. 

„Es fühlt sich an wie ein wahr gewordener Traum. Als mein Vater starb, wurde ich wie eine Vaterfigur für meinen kleinen Bruder“, erzählt Mehdi kurz vor der Ankunft seines Bruders.

Der 29-jährige Mehdi erinnert sich an das letzte Treffen mit seinem kleinen Bruder im Iran. Damals war Ali noch ein kleiner Junge. Heute ist er ein junger Mann im Alter von 17 Jahren. 

Als Geflüchtete aus Afghanistan sind sie zuerst in den Iran geflohen. Doch die Zeit dort war für die Familie hart. Die Kinder durften die örtlichen Schulen nicht besuchen, die Mutter fand keinen Job und die Familie hatte auch keinen Zugang zum Gesundheitssystem. Als Mehdi 18 war, beschloss er nach Deutschland zu fliehen, um sich dort in Sicherheit und Frieden eine Zukunft aufbauen zu können. In der Hoffnung, dass seine Mutter und sein Bruder später nachkommen würden. Doch leider lief alles anders als geplant:  

Nach Mehdis Aufbruch nach Deutschland wollten Ali und seine Mutter zunächst in die Türkei fliehen. Auf der Flucht wurde der damals 14-jährige Ali von seiner Mutter getrennt. Alis Mutter wurde nach Afghanistan abgeschoben. Von der Türkei aus wollte Ali nach Griechenland. Doch auch dies war für den Jugendlichen nicht einfach. 

„Ich habe acht Mal versucht nach Griechenland zu kommen, aber jedes Mal erwischte mich die griechische Polizei und schob mich wieder in die Türkei ab. Die türkische Polizei nahm mir meine gesamte Kleidung, mein Telefon und mein Geld ab“, berichtet Ali.  

Nach der Ankunft in Griechenland wurde Ali für ein Jahr in einem Auffanglager für Neuankömmlinge untergebracht. Diese Zeit hat bei ihm traumatische Spuren hinterlassen. 

„Abends gingen alle (Sozialarbeiter*innen) nach Hause und nur die Polizei war noch da. Wenn die Kinder in unserem Block Fußball spielten, kam die Polizei und schlug uns“, erzählt Ali.  

Der Alltag im Aufnahmelager und die Trennung von seiner Familie führten dazu, dass Ali darüber nachdachte, nach Afghanistan zurückzukehren. Doch auch dort würde ihn keine sichere und friedliche Zukunft erwarten.  

Dank der Arbeit von IRC zog Ali in ein unabhängiges Wohnheim für Geflüchtete in Athen. Dort wurde er von Sozialarbeiter*innen professionell betreut. Zusätzlich erhielt er rechtliche Beratung für seinen Aufenthaltsstatus und für eine Familienzusammenführung. Schließlich erhielt Ali die Nachricht, dass er nach Deutschland zu seinem Bruder einreisen dürfe. 

Ali and Mehdi

Nach dieser langen Zeit hoffen die beiden Brüder nun, dass sie sich endlich zusammen eine Zukunft aufbauen können und dass ihre Mutter zu ihnen nach Deutschland kommen kann. Mehdi macht sich große Sorgen um sie, da sich die humanitäre Lage in Afghanistan immer mehr zuspitzt.  

Doch fürs Erste sind die beiden Brüder unendlich glücklich, dass sie wieder zusammen sein können. Dank Deiner Unterstützung kann der IRC Familien, die durch Kriege und Krisen auseinandergerissen wurden, wieder vereinen und ihnen somit ein wenig Stabilität geben.  

So hilft IRC in Deutschland 

Menschen, die nach Deutschland fliehen oder in Deutschland einen Zufluchtsort suchen, sind mutig und riskieren viel. Vor, während und nach der Flucht sind sie oft besonderen Gefahren ausgesetzt. In Deutschland angekommen, ist es wichtig, sich mit den eigenen Rechten und Möglichkeiten auseinanderzusetzen, um ein selbstbestimmtes Leben in Sicherheit führen zu können.  

Der Programmbereich „Schutz und Rechtsberatung“ von IRC Deutschland unterstützt Geflüchtete dabei, sichere und legale Wege nach Deutschland zu finden und trägt dazu bei, dass sie in Deutschland in Sicherheit leben können, ihre Rechte kennen und dabei unterstützt werden diese zu nutzen.  

So arbeiten wir beispielsweise mit der Pro Bono Initiative Afghanistan zusammen, um afghanische Staatsangehörige bei der Zufluchtssuche und Familienzusammenführung in Deutschland mit Rechtsberatung zu unterstützen.