Seit über einem Jahrzehnt sagt die jährliche Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) mit einer Genauigkeit von 85 bis 95 Prozent voraus, in welchen Ländern sich humanitäre Krisen am stärksten verschlechtern werden. Die Watchlist 2026 listet zwanzig Länder auf, die im kommenden Jahr besonders gefährdet sind. Während diese Länder zunehmend unter Druck geraten, schwindet gleichzeitig die internationale Unterstützung.
In den 20 Ländern auf der Watchlist leben nur 12 Prozent der Weltbevölkerung, jedoch 89 Prozent aller Menschen in humanitärer Not. 2026 sind Millionen Menschen von Hunger, Vertreibung und Gewalt bedroht, während internationale Hilfsbudgets und politische Aufmerksamkeit weiter nachlassen.
Hier erfährst du mehr über die zehn humanitären Krisen, die 2026 voraussichtlich am stärksten verschärfen werden – und wie IRC vor Ort unterstützt.
10. Libanon: Konfliktgefahr steigt, die Wirtschaft bricht ein
Die Gefahr eines erneuten bewaffneten Konflikts zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah nimmt zu, während gleichzeitig mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in Armut leben und die Wirtschaft schwer angeschlagen ist. Die Kampfhandlungen vertrieben 2024 über 1,4 Millionen Menschen in Libanon sowie 96.000 Israelis. Sollte der Konflikt 2026 erneut großflächig eskalieren, wären die ohnehin fragilen staatlichen Strukturen überfordert – der humanitäre Bedarf würde dramatisch steigen.
Welche Risiken drohen Libanon 2026?
- Mehr Vertreibungen durch eskalierende Gewalt: Ein Waffenstillstand im November 2024 hat die Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hisbollah zwar deutlich verringert, aber nicht vollständig beendet. Die Spannungen bleiben hoch. Sollte der Konflikt 2026 erneut aufflammen, könnten Hunderttausende Menschen erneut vertrieben werden. Die zivile Infrastruktur wäre auch massiven Zerstörungen ausgesetzt.
- Extremer wirtschaftlicher Druck auf Familien: Die libanesische Währung hat zwischen Januar 2023 und März 2024 über 98 Prozent ihres Wertes verloren. – mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung. Die anhaltenden Kampfhandlungen verschärfen Ernährungsunsicherheit: 1,2 Millionen Menschen sind inzwischen von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen.
- Zusammenbruch öffentlicher Versorgungssysteme: Mehr als 4 Millionen Menschen in Libanon sind dringend auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Gleichzeitig sind Krankenhäuser und andere öffentliche Dienstleistungen durch Konflikt und Unterfinanzierung kaum noch funktionsfähig.
- Syrische Geflüchtete sind besonders gefährdet: Rund 1,5 Millionen syrische Geflüchtete leben in Libanon – die höchste Zahl pro Kopf weltweit. Viele von ihnen leben ohne rechtlichen Schutz in extremer Armut und ohne Zugang zum Arbeitsmarkt. Sinkende finanzielle Unterstützung und die wachsende Gefahr von Abschiebungen könnten ihre Situation 2026 weiter verschärfen.
Wie unterstützt IRC in Libanon?
IRC ist seit 2012 in Libanon aktiv und unterstützt sowohl libanesische Bürger*innen als auch Geflüchtete mit akuter Nothilfe und langfristige Programmarbeit. Dazu gehören Rechtsberatung, Schutzangebote, Bildungsprogramme und Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie Angebote im Bereich psychische, sexuelle und reproduktive Gesundheit.
Mehr über die Arbeit von IRC im Libanon erfährst du hier.
Gesundheitspersonal untersucht Kinder auf Anzeichen von Unterernährung.
Foto: Iuna Vieira für IRC
9. Burkina Faso: Eskalierende Gewalt verschärft die Krise
In Burkina Faso entführen, zwangsrekrutieren und attackieren bewaffnete Gruppen, die mit dem Islamischen Staat und al-Qaida in Verbindung stehen, seit acht Jahren die Zivilbevölkerung. Ganze Städte werden isoliert – über eine Million Menschen sind dadurch von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Die allgegenwärtige Unsicherheit und Gewalt erschweren es humanitären Organisationen massiv den Zugang zu den am stärksten betroffenen Gemeinden. Gleichzeitig führen wiederkehrende Überschwemmungen und Dürren zu weiteren Vertreibungen und verschärfen die ohnehin dramatische Lage.
Welche Risiken drohen Burkina Faso 2026?
- Ausweitende Gewalt bedroht Zivilist*innen: Burkina Faso ist das Zentrum des Konflikts in der Sahelzone. Zwischen Juni 2024 und 2025 ereigneten sich über 55 Prozent aller Todesfälle durch Gruppen, die mit al-Qaida oder dem Islamischen Staat in Verbindung stehen, im Land. Mit der Ausweitung der Gewalt in städtische Gebiete steigt das Risiko für gezielte Angriffe auf die Bevölkerung und für weitere Vertreibungen.
- Blockaden schneiden Menschen von Hilfe ab: 2025 isoliertenbewaffnete Gruppen mindestens 29 Städte und Dörfer und verhinderten so den Zugang zu humanitärer Hilfe für rund 1,1 Millionen Menschen. Eine Ausweitung dieser Blockaden könnte 2026 weitere Gemeinden treffen.
- Grundversorgung droht zu kollabieren: Der Staat kann grundlegende Gesundheitsversorgung und Nothilfe kaum noch gewährleisten. Gleichzeitig schrumpfen internationale Hilfsbudgets. Die Versorgungslücken werden 2026 voraussichtlich weiterwachsen – mit schwerwiegenden Folgen: Krankheiten breiten sich schneller aus und Hunger nimmt weiter zu.
- Klimakrise verschärft die Notlage: Das erwartete Wetterereignis La Niña erhöht Anfang 2026 das Risiko schwerer Überschwemmungen. Zerstörte Ernten und Vorräte werden Familien noch tiefer in die Armut treiben.
Wie unterstützt IRC in Burkina Faso?
IRC ist seit 2019 in Burkina Faso tätig und unterstützt Menschen, die von Konflikt und Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Unsere Arbeit umfasst Wasser-, Sanitär- und Hygienedienste (WASH), Gesundheitsversorgung, Ernährungs- und Schutzprogramme, Stärkung und Schutz von Frauen sowie Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Unterstützung der Regierungsführung. In enger Zusammenarbeit mit Behörden sowie lokalen und internationalen Partnerorganisationen arbeitet IRC in sieben Regionen des Landes.
Mehr über die Arbeit von IRC in Burkina Faso erfährst du hier.
Rasmata und ihr Sohn Bassirou wurden durch Gewalt und die angespannte Sicherheitslage aus ihrem Zuhause vertrieben. Heute leben sie als Binnenvertriebene in Dori, Burkina Faso, wo sie Unterstützung durch IRC erhalten.
Foto: Bachirou Kabre für IRC
8. Mali: Bewaffnete Gruppen übernehmen zunehmend die Kontrolle
Mali erlebt wachsende Instabilität: Nach zwei Militärputschen, dem Abzug französischer Truppen und der zunehmenden Präsenz russischer Africa Corps breiten sich bewaffnete Gruppen – insbesondere Jama'at Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM) – weiter in Zentral- und Südmali aus. Sie greifen wichtige Handelsrouten an und blockieren den Transport von Treibstoff und Waren in die Hauptstadt Bamako.
Welche Risiken drohen Mali 2026?
- Gewalt verhindert lebenswichtige Versorgung: Bewaffnete Gruppen bedrohen zentrale Verkehrsachsen und Handelsrouten – darunter Straßen, über die 95 Prozent des Treibstoffs des Landes transportiert werden. Angriffe auf Transporte führen zu massiven Engpässen, sodass Krankenhäuser, Schulen und Wassersysteme ihren Betrieb kaum noch aufrechterhalten können.
- Hunger verschärft sich, weil Konflikte Märkte lahmlegen: Die anhaltende Gewalt verhindert landwirtschaftliche Arbeit, blockiert Straßen und erschwert den Zugang zu Lebensmitteln. Schon vor der Ausweitung von JNIM in Südmali erlebten 1,5 Millionen Menschen schwere Nahrungsmittelengpässe; fast 3.000 waren akut vom Hungertod bedroht. Staatliche Kräfte sind durch die anhaltenden Kampfhandlungen ausgelastet, wodurch es an Schutz, Versorgung und stabilen Märkten fehlt. Besonders in ländlichen Gebieten dürfte sich 2026 die Ernährungsunsicherheit weiter verschlechtern.
- Humanitärer Zugang wird weiter eingeschränkt: Hilfsorganisationen arbeiten unter immer größeren Sicherheitsrisiken, während die Finanzierung einbricht. Bis November 2025 waren nur 18.5 Prozent des humanitären Bedarfs gedeckt. Millionen Menschen erhalten daher nicht die Unterstützung, die sie dringend brauchen.
- Frauen und Mädchen sind besonders gefährdet: Mehr als 400.000 Menschen wurden vertrieben, über die Hälfte davon Frauen und Mädchen. Viele leben in provisorischen Unterkünften. Weniger als ein Viertel der Gesundheitseinrichtungen kann Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt spezialisierte Unterstützung bieten. Das Fehlen sicherer Anlaufstellen erhöht das Risiko von Ausbeutung, Missbrauch und geschlechtsspezifischer Gewalt.
Wie unterstützt IRC in Mali?
IRC ist seit 2012 in Mali tätig und unterstützt Menschen, die von Konflikt, Vertreibung und Armut betroffen sind, mit besonderem Fokus auf Kinder, Frauen und Binnenvertriebene. Unsere Arbeit umfasst Gesundheits- und Ernährungsversorgung, Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts, Schutz- und Bildungsprogramme.
Mehr über die Arbeit von IRC in Mali erfährst du hier.
Zivilisten sind in Mali zunehmend durch Gewalt bedroht.
Foto: Elhadj Dicko für IRC
7. Demokratisches Republik Kongo: Friedensabkommen scheitert
Trotz eines Friedensabkommens zwischen der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und Ruanda im Jahr 2025 verschärft sich der Konflikt im Osten des Landes weiter. Kampfhandlungen mit der von Ruanda unterstützten bewaffneten Gruppe M23 nehmen zu, während sie ihren territorialen Einfluss in der Region ausbaut. Bewaffnete Gruppen nutzen den Abbau von seltenen Erden und Gold, um den Konflikt zu finanzieren. Kämpfende kommen aus Uganda, Burundi und Ruanda. Zahlreiche lokale bewaffnete Gruppen sind ebenfalls aktiv – mit verheerenden Folgen: Vertreibung, Hunger und wiederkehrende Krankheitsausbrüche.
Welche Risiken drohen der DR Kongo 2026?
- Ausbeutung natürlicher Ressourcen finanziert den Konflikt: Im Osten der DR Kongo kontrollieren bewaffnete Gruppen Minen und finanzieren darüber ihre Kampfhandlungen. 2025 wurden so viele Konfliktmineralien wie nie zuvor außer Landes geschmuggelt.
- Hunger verschärft sich durch steigende Lebensmittelpreise: Die ohnehin extreme Hungerkrise verschärft sich 2026 weiter. Steigende Preise und anhaltende Gewalt zerstören die Ernährungssicherheit. 73 Prozent der Bevölkerung leben in extremer Armut; über 8,2 Millionen Kinder und schwangere Frauen sind dringend auf Unterstützung bei akuter Unterernährung angewiesen.
- Krankheitsausbrüche breiten sich aus: Einer der schwersten Choleraausbrüche seit einem Jahrzehnt bringt das Gesundheitssystem an seine Grenzen. 2026 könnten noch mehr Gemeinden betroffen sein, da zentrale Gesundheitsstrukturen kaum funktionsfähig sind.
- Kürzungen gefährden humanitäre Programme: Nach der Einstellung von USAID-Programmen wurden zahlreiche Hilfsmaßnahmen drastisch reduziert. Gleichzeitig steigen Angriffe auf Helfer*innen. 2025 nahmen sicherheitsrelevante Vorfälle um 33 Prozent zu. Dadurch wird es immer schwieriger, lebenswichtige Unterstützung bereitzustellen.
Wie unterstützt IRC in der DR Kongo?
IRC ist seit 1996 in der DR Kongo tätig und unterstützt Menschen, die von Konflikt, Vertreibung und Armut betroffen sind – mit besonderem Fokus auf Frauen und Kinder. 2024 unterstützte IRC über 305.000 Menschen mit Gesundheits- und Ernährungsversorgung, Wasser-, Sanitär- und Hygienediensten (WASH), Bildungs- und Schutzprogrammen sowie Programme zur Stärkung von Frauen und Mädchen sowie der Förderung lokaler Teilhabe und Gemeinschaftsstrukturen.
Mehr über die Arbeit von IRC in der DR Kongo erfährst du hier.
Safi und ihre Tochter Feza leben im Osten der DR Kongo. IRC versorgte Feza mit therapeutischer Spezialnahrung, die ihr hilft, sich von schwerer Mangelernährung zu erholen.
Foto: Hugh Cunningham für IRC
Myanmar: Millionen Menschen sind nach Konflikt und Katastrophen auf sich gestellt
Fünf Jahre nach der Machtübernahme des Militärs im Jahr 2021 hält der gewaltsame Konflikt zwischen bewaffneten Gruppen und dem Militär unvermindert an. Gleichzeitig ist die humanitäre Hilfe massiv unterfinanziert. Nach dem schweren Erdbeben von 2025, das die ohnehin dramatische Lage weiter verschärft hat, sind inzwischen 16.2 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen.
Welche Risiken drohen Myanmar 2026?
- Zivilist*innen im Konflikt gefangen: Seit 2021 wurden fast 90.000 Menschen getötet. Die Gefahr von Vertreibung und Gewalt wächst – insbesondere durch den Anstieg tödlicher Luftangriffe und den Einsatz explosiver Waffen.
- Massive Mittelkürzungen schränken humanitäre Hilfe ein: Weltweite Hilfskürzungen im Jahr 2025 führten dazu, dass Millionen Menschen keine humanitäre Unterstützung mehr erhalten. Besonders gefährdet sind Frauen und Mädchen in überfüllten Unterkünften, die verstärkt Gewalt, Ausbeutung, Menschenhandel und Frühverheiratung ausgesetzt sind.
- Klimakrise verschärft Gefahren: Durch den jahrelangen Konflikt fehlen staatliche Kapazitäten für den Umgang mit klimabedingten Risiken. Ein drastisches Beispiel: Überlebende des schweren Erdbebens von 2025 waren unmittelbar danach erneuten Luftangriffen ausgesetzt.
- Gemeinden von Hilfe abgeschnitten: Aktive Kampfhandlungen, bürokratische Hürden und zerstörte Infrastruktur machen Myanmar zu einem der schwierigsten Einsatzorte weltweit für humanitäre Organisationen. Viele abgelegene Gemeinden sind vollständig von lebenswichtiger Unterstützung abgeschnitten.
Wie unterstützt IRC in Myanmar?
IRC ist seit 2008 in Myanmar tätig und unterstützt insbesondere marginalisierte und staatenlose Menschen, die von Konflikten und Naturkatastrophen betroffen sind. Unsere Arbeit umfasst Gesundheits- und Ernährungsprogramme, Schutz und psychosoziale Unterstützung, Maßnahmen zur Stärkung von Frauen und Mädchen sowie Unterstützung von Vertriebenen und gefährdeten Gemeinden in sechs Bundesstaaten.
Mehr über die Arbeit von IRC in Myanmar erfährst du hier.
Überlebende des Erdbebens der Stärke 7,7, das im März 2025 Zentral-Myanmar erschütterte, sahen sich unmittelbar danach einem massiven Beschuss aus der Luft ausgesetzt.
Foto: Sai Aung MAIN/AFP
5. Haiti: Bandenherrschaft treibt Hunger und Vertreibung auf Rekordniveau
Seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Jahr 2021 steckt Haiti in politischem Ausnahmezustand. Bewaffnete Banden kontrollieren inzwischen nahezu die ganze Hauptstadt Port-au-Prince, staatliche Sicherheitsstrukturen sind weitgehend kollabiert, und internationale Bemühungen, Stabilität herzustellen, sind gescheitert. Das Mandat des Übergangspräsidialrats läuft im Februar 2026 aus – ein Machtvakuum, das bewaffnete Gruppen ausnutzen könnten. Das hätte dramatische Folgen für die Zivilbevölkerung, die bereits Gewalt, Hunger und massive Vertreibung erlebt.
Welche Risiken drohen Haiti 2026?
- Bandengewalt gefährdet Zivilist*innen: Bewaffnete Banden terrorisieren Gemeinden durch Morde, Entführungen und Erpressung. Zwischen Januar und September 2025 wurden über 800 Zivilist*innen getötet – mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2024.
- Vertreibung und Hunger erreichen Rekordwerte: 1,4 Millionen Menschen wurden zur Flucht gezwungen – über zehn Prozent der Bevölkerung. Mehr als die Hälfte der Menschen ist durchzunehmende Gewalt und Vertreibung inzwischen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.
- Frauen und Kinder sind besonders gefährdet: Banden setzen geschlechtsspezifische Gewalt gezielt ein, um ganze Gemeinden zu kontrollieren, und rekrutieren in rasantem Tempo Kinder. Laut UN sind mittlerweile rund die Hälfte aller Bandenmitglieder Minderjährige. Die Rekrutierung stieg in den ersten drei Monaten 2025 um 700 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
- Finanzierungslücken verschärfen die Not: Die humanitäre Hilfe für Haiti gehört zu den am schlechtesten finanzierten weltweit. Viele Familien bleiben dadurch ohne dringend benötigte Unterstützung.
Wie unterstützt IRC in Haiti?
IRC leistet seit 2010 humanitäre Hilfe in Haiti um Betroffene von Gewalt und Vertreibung zu unterstützen. Unsere Arbeit umfasst die Prävention von Cholera in Binnenvertriebenenlagern sowie Schutzprogramme für Überlebende von Gewalt, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt.
Mehr als 1,4 Millionen Menschen in Haiti wurden aus ihren Häusern vertrieben, während bewaffnete Banden ihren Einfluss im ganzen Land ausweiten.
Foto: UNOCHA/Giles Clark
4. Äthiopien: Gefahr eines großen Konflikts wächst, globale Spannungen verschärfen die Lage
Äthiopien steht vor einem neuen, großflächigen Konflikt: Die Spannungen in Tigray und Amhara nehmen zu, parallel zu einer Eskalation mit Eritrea. Zudem vertreiben anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen in Zentral Oromia weiterhin Zivilist*innen. Klimabedingte Extremereignisse wie Dürren und Überschwemmungen verschärfen die humanitäre Lage zusätzlich. Massive Hilfskürzungen – darunter etwa 356 Millionen Euro von USAID im Jahr 2025 – haben humanitäre Organisationen stark geschwächt und behindern eine ausreichende Reaktion auf die sich überlagernden Krisen.
Welche Risiken drohen Äthiopien 2026?
- Gefahr eines erneuten Konflikts: Die Spannungen zwischen der Zentralregierung, eritreischen Truppen, Tigray-Kräften und Gruppen in Amhara destabilisieren das fragile Friedensabkommen von 2022. Eritreische Soldat*innen sind weiterhin in Tigray präsent – die Sorge vor neuer Gewalt wächst. Der Wiederaufbau kommt nur schleppend voran und rund 800.000 Vertriebene leben unter extrem prekären Bedingungen. Ein erneuter Konflikt hätte verheerende Folgen für die Bevölkerung.
- Massenvertreibungen in Zentral Oromia: Gefechte zwischen der Oromo Liberation Army (OLA) und Regierungskräften haben 2025 mehr als 288.000 Menschen zur Flucht gezwungen. Die Gewalt zerstört Lebensgrundlagen, führt zu schwerer Unterernährung bei Kindern und zwingt Familien, alles zurückzulassen. Da Oromia eine zentrale Rolle in der äthiopischen Wirtschaft spielt, beeinträchtigt die Instabilität zudem Handel und humanitären Zugang im ganzen Land.
- Klimaschocks verschlimmern Hunger und Krankheiten: Das WetterereignisLa Niña dürfte 2026 Überschwemmungen im Norden und Dürre im Süden auslösen. Fluten könnten Ernten vernichten, Choleraausbrüche verschärfen und weitere Vertreibungen auslösen. Gleichzeitig bedroht Dürre die Ernten und das Vieh in Hirtenregionen.
- Kürzungen in der humanitären Hilfe verschärfen die Krise: Der Wegfall 2025 von etwa 356 Millionen Euro hat für Äthiopien gravierenden Folgen: Lebensmittelverteilungen für Millionen Menschen wurden gestrichen und lebenswichtige Behandlungen gegen Unterernährung für 650.000 Frauen und Kinder stehen auf dem Spiel.
Wie unterstützt IRC in Äthiopien?
IRC arbeitet seit 2000 in Äthiopien und unterstützt sowohl Geflüchtete aus den Nachbarländern sowie äthiopische Gemeinden, die von Konflikt, Krisen und fehlender Grundversorgung betroffen sind. Unsere Arbeit umfasst Gesundheits- und Ernährungsversorgung, Kinderschutz, Bildung, Schutz und Stärkung von Frauen und Mädchen, M Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts, Wasser-, Sanitär- und Hygienedienste (WASH) sowie Umweltgesundheit.
Mehr über die Arbeit von IRC in Äthiopien erfährst du hier.
Birhe wurde während ihrer Schwangerschaft durch einen Konflikt vertrieben und brachte ihre Tochter Selam auf der Flucht zur Welt. Selam lebt heute in einem kleinen Dorf in der äthiopischen Region Tigray. Heute hat sie ihre routinemäßigen Impfungen in einer nahegelegenen IRC-Gesundheitseinrichtung erhalten.
Foto: Martha Tadesse für IRC
3. Südsudan: Gefahr eines erneuten Bürgerkriegs wächst
Südsudan steht erneut am Rand eines Bürgerkriegs: Das Friedensabkommen von 2018 bricht auseinander, die Regierung steht vor dem Kollaps. Der Bürgerkrieg in benachbarten Sudan hat zu einem starken Zuwachs von Geflüchteten geführt, innere Spannungen verschärft und wichtige Ölexporte – die Haupteinnahmequelle – lahmgelegt. Die Folge: wirtschaftliche Turbulenzen und wachsende Unruhe innerhalb der seit Monaten unbezahlten Sicherheitskräfte. Gleichzeitig zerstören wiederkehrende schwere Überschwemmungen die Ernten und verschärfen die humanitäre Krise für Millionen Menschen.
Welche Risiken drohen Südsudan 2026?
- Rückkehr in den Bürgerkrieg: Zentrale Teile des Friedensabkommens von 2018 wurden nicht umgesetzt – jenes Abkommens, das zuvor einen fünfjährigen Konflikt beendet hatte. Der wirtschaftliche Zusammenbruch hat zudem dazu geführt, dass Sicherheitskräfte seit Monaten keinen Lohn erhalten. Das erhöht das Risiko neuer Gewalt zusätzlich.
- Konflikt im Sudan bedroht die Stabilität: Der Krieg in Sudan hat direkte Auswirkungen auf die südsudanesische Wirtschaft, da wirtschaftlich essenziellen Ölexporten durch Sudan transportiert werden müssen. Akteure im sudanesischen Konflikt könnten bestehende politische Spannungen in Südsudan ausnutzen, Milizen mobilisieren und die Ölexporte beeinträchtigen, die rund 90 Prozent der Staatseinnahmen ausmachen.
- Ernährungsunsicherheit erreicht katastrophale Ausmaße: Südsudan steuert 2026 auf eine massive Hungerkrise zu: 28.000 Menschen stehen bereits unmittelbar vor einer Hungersnot und kämpfen täglich ums Überleben. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich vervierfacht und gleichzeitig haben viele Menschen ihr Einkommen verloren.
- Überschwemmungen und Krankheitsausbrüche drohen Millionen: Sechs aufeinanderfolgende Jahre extremer Überschwemmungen betrafen über 900.000 Menschenund verschlimmerten zudem einen Choleraausbruch mit mehr als 100.000 Fällen. La Niña Anfang 2026 lässt noch heftigere Regenfälle erwarten, wodurch das Risiko weiterer Überschwemmungen, Ernteverluste und wasserbedingter Krankheiten steigt – mit gravierenden Folgen für Gesundheit, Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit.
Wie unterstützt IRC in Südsudan?
IRC ist seit 1989 in Südsudan tätig und unterstützt Menschen, die von Konflikt, Vertreibung und Naturkatastrophen betroffen sind. Als eine der größten humanitären Organisationen im Land erreicht IRC über eine Million Menschen mit Gesundheitsversorgung, Schutz- und Bildungsprogramme sowie Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mehr über die Arbeit von IRC im Südsudan erfährst du hier.
Bakhita, eine sudanesische Geflüchtete, hält ihren Sohn Israel vor ihrem Zuhause in einem Lager für Vertriebene in Südsudan im Arm. Sie nimmt an einem IRC-Programm zur wirtschaftlichen Stärkung teil, in dem sie lernt, klimaresistente Nutzpflanzen anzubauen, um die Ernährung und Versorgung ihrer Familie langfristig zu sichern.
Foto: Florence Miettaux für IRC
2. Besetztes Palästinensisches Gebiet (oPt): Zwei Jahre Krieg haben Lebensgrundlagen zerstört
Mehr als zwei Jahre Konflikt haben Gaza zerstört und über 70.000 Menschen getötet. Die jüngste Eskalation begann im Oktober 2023 mit einem Angriff der Hamas auf Südisrael, bei dem 1.200 Menschen getötet und über 200 als Geiseln genommen wurden. Die anschließenden israelischen Militäroperationen vernichteten systematisch weite Teile der kritischen Infrastruktur und öffentlichen Grundversorgung in Gaza. Fast 80 Prozent aller Gebäude sind beschädigt oder zerstört und 90 Prozent der Bevölkerung wurden vertrieben.
Trotz eines von den USA unterstützten „Friedensplans“ und der Waffenruhe vom Oktober 2025 bleibt die Aussicht auf eine Reduzierung der Gewalt im Jahr 2026 gering. In den Wochen nach Inkrafttreten der Waffenruhe im Oktober kam es wiederholt zu Verstößen, und ein katastrophales Ausmaß an humanitärem Bedarf bleibt gewiss. Zugleich nehmen die Siedlergewalt, finanzielle Restriktionen und territoriale Zersplitterung im Westjordanland weiter zu, und gefährden die Sicherheit der palästinensischen Bevölkerung.
Welche Risiken drohen dem besetzten Palästinensischen Gebiet 2026?
- Zerstörte Lebensgrundlagen: Die israelischen Angriffe haben die Voraussetzungen für ein Überleben in Gaza zerstört. Mehr als 10 Prozent der Bevölkerung wurden laut Gesundheitsministerium in Gaza getötet oder verletzt. Das Gesundheitssystem ist kollabiert: Über 800 Angriffe auf medizinische Einrichtungen haben dazu geführt, dass kein einziges Krankenhaus vollständig funktionsfähig ist. 92 Prozent aller Häuser sind zerstört oder unbewohnbar. Vertriebenen bleibt buchstäblich kein Ort, an den sie zurückkehren könnten.
- Hungersnot und Krankheiten bedrohen Millionen: Im August 2025 wurde in Gaza-City offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Ein Drittel der Bevölkerung ist von katastrophaler Ernährungsunsicherheit (IPC 5) betroffen. Die aktuellsten Daten zeigen, dass nahezu die gesamte verbleibende Bevölkerung unter akutem Hunger (IPC 4) leidet – das sind die höchsten jemals weltweit gemessenen Werte. Menschen sterben täglich an Hunger, und mindestens 130.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt, doppelt so viele wie 2024.
- Humanitäre Hilfe massiv eingeschränkt: Gaza wird durch eine Seeblockade und strikte Zugangsbeschränkungen blockiert, wodurch humanitäre Hilfe nur in minimalen Mengen ins Gebiet gelangt. Nach der Waffenruhe 2025 erreichten lediglich 14 Prozent der vereinbarten Hilfslieferungen Gaza. Mehr als 2.500 Menschen wurden getötet und fast 19.000 verletzt, während sie versuchten, Hilfsgüter an Verteilpunkten zu erreichen.
- Zunehmende Gewalt gegen Bewohner*innen im Westjordanland: Palästinensische Familien sehen sich immer häufiger Razzien und Angriffen durch Siedler ausgesetzt. Seit Anfang 2024 wurden fast 40.000 Menschen vertrieben. Geplante israelische Siedlungserweiterungen östlich von Jerusalem zerschneiden das Gebiet zusätzlich, erschweren die Arbeit humanitärer Organisationen und gefährden Sicherheit und Lebensgrundlagen der Menschen.
Wie unterstützt IRC das besetzte Palästinensische Gebiet?
IRC ist seit 2023 im gesamten besetzten Palästinensischen Gebiet tätig. Unsere Arbeit umfasst Zugang zu sauberem Wasser, die Behandlung von Unterernährung, Progamme zur Stärkung und zum Schutz von Frauen und Kinder, frühkindliche Förderung, psychosoziale Unterstützung sowie Notfallversorgung im Bereich reproduktiver Gesundheit. Im Westjordanland bieten IRC und Partnerorganisationen psychosoziale Unterstützung und Programme zur frühkindlichen Förderung an und stärken lokale Ersthelfer*innen.
Mehr über die Arbeit von IRC im besetzten Palästinensischen Gebieterfährst du hier.
Seit dem 7. Oktober 2023 wurden schätzungsweise 1,9 Millionen Palästinenser*innen vertrieben, viele von ihnen sogar mehrfach.
Foto: Abed Rahim Khatib/Anadolu via Getty Images
1. Sudan: Die Brutalität des Bürgerkriegs hält an
Zum dritten Jahr in Folge steht Sudan an der Spitze der IRC-Emergency Watchlist. Der seit 2023 anhaltende Bürgerkrieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) hat seit April 2023 über 150.000 Menschen das Leben gekostet und verhindert, dass lebenswichtige humanitäre Hilfe die Bevölkerung erreicht. Der Konflikt hat zudem eine massive Hungerkrise ausgelöst: Teile des Landes sind bereits in eine Hungersnot abgerutscht und jeden Tag sterben Menschen an Hunger.
Welche Risiken drohen Sudan 2026?
- Massive Opfer unter der Zivilbevölkerung: Der Bürgerkrieg steckt fest, ohne Aussicht auf ein Ende. Die RSF erobert weiterhin strategisch wichtige Gebiete und verübt Angriffe auf Zivilist*innen, dazu zählt auch sexualisierte Gewalt. Sich nach Süden ausweitende Kampfhandlungen und zunehmende Belagerungen schneiden Städte von Hilfe ab. Die Bedrohung für Millionen Menschen nimmt zu – ohne jegliche Rechenschaftspflicht für die Konfliktparteien.
- Ausländische Akteure befeuern den Krieg: Ausländische Akteure profitieren vom Konflikt und liefern sowohl der SAF als auch der RSF Anreize, den Krieg fortzuführen, statt auf Verhandlungen einzugehen. Große Mengen an Gold verlassen das Land, während moderne Waffen – darunter Drohnen – nach Sudan gelangen.
- Kein Ende der verheerenden Hungersnot in Sicht: Gewalt und Belagerungen haben 19,2 Millionen Menschen – rund 40 Prozent der Bevölkerung – in eine schwere oder akute Ernährungsunsicherheit gedrängt. Über 200.000 Menschen befinden sich in einer katastrophalen Hungerkrise. Trotz landwirtschaftlicher Produktion im Osten gibt es derzeit keinerlei Aussicht auf ein Ende der über Jahre andauernden Hungersnot.
- Konfliktparteien blockieren humanitäre Hilfe: Parallele Verwaltungsstrukturen und Genehmigungssysteme der Konfliktparteien erschweren Hilfslieferungen. Gleichzeitig nimmt die Gewalt gegen humanitäre Helfer*innen weiter zu. Sudan war 2025 das drittgefährlichste Land weltweit für Hilfskräfte, 12 Prozent aller Angriffe fanden dort statt.
Wie unterstützt IRC in Sudan?
Seit Beginn des Konflikts 2023 hat IRC die Programmarbeit angepasst und die Nothilfe ausgeweitet, um den steigenden humanitären Bedarf zu decken. Trotz enormer operativer Herausforderungen unterstützt IRC weiterhin Menschen im Bundesstaat Blue Nile, in Gedaref, Khartum, River Nile, Süd-Kordofan und White Nile und arbeitet daran, unsere Präsenz im Bundesstaat Al-Dschasira wieder aufzubauen. IRC unterhält zudem ein Büro in Port Sudan und will die Arbeit in weitere Regionen, darunter Darfur, erweitern.
Mehr über die Arbeit von IRC im Sudan erfährst du hier.
Mehr als 19,2 Millionen Menschen in Sudan sind von schwerer oder akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Zeinabs Mutter trägt ihre Tochter nach einer Behandlung gegen akute Mangelernährung aus einer IRC-Klinik in Al-Azaza, Sudan.
Foto: Mohammed Abdulmajid für IRC
Wie kann ich helfen?
Die IRC-Emergency Watchlist listet die Länder auf, in denen sich humanitäre Krisen 2026 voraussichtlich am stärksten verschlechtern werden. Sie zeigt zugleich, welche Lösungen möglich sind. IRC ist in jedem einzelnen dieser Länder vor Ort und leistet lebenswichtige Hilfe für betroffene Menschen.
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IRC hat über mehr als 90 Jahre Erfahrung darin, Menschen in Krisen in über 40 Ländern zu begleiten, während sie Krisen überstehen und ihre Leben neu aufbauen. Darüber hinaus unterstützt IRC Geflüchtete und Vertriebene dabei, sich in den USA und in Europa (inklusive Deutschland) zu integrieren.
Unsere Wirksamkeit: IRC erhält regelmäßig Bestnoten von Wohltätigkeitsorganisationen für den effizienten Einsatz von Spenden und die Wirksamkeit unserer Arbeit.
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