Mehr als 20 Millionen Äthiopier*innen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Bis zu 15 Millionen Menschen leiden Hunger. Neben vielen Binnenvertriebenen hat Äthiopien zudem bis zu 800.000 Geflüchtete aus Nachbarländern aufgenommen.

Die Klimakrise und interne Konflikte schaffen zusammen eine katastrophale Lage für die Menschen vor Ort. Während die internationale Aufmerskamkeit auf dem Krieg in der Ukraine ist oder der eskalierenden Gewalt in der Tigray-Region im Norden Äthiopiens, erlebt der Süden die schwerste Dürre seit mehr als vier Jahrzehnten.

Ralph Achenbach, IRC-Geschäftsführer Deutschland, war bis vor kurzem in Konzo im Süden des Landes und warnt vor den katastrophalen Folgen der Hungersnot:

„Ausgetrockente Flussbetten, karge Felder, verendete oder aus Not verkaufte Tiere, hungernde Menschen. Die Dürre und der Hunger haben Äthiopien und die Bevölkerung fest im Griff. Die Menschen warten auf den Regen, haben sich mit einem ausgeklügelten Bewässerungsystem und im Terassenbau angelegten Feldern vorbereitet – wie ich in einem Bergdorf in Konzo sehen konnte. Aber der Regen kommt nicht, zum fünften Mal in Folge, und die Hilfe auch nicht in ausreichendem Maße. Vielfach haben die Menschen nur noch die vertrockneten Blätter oder die Samen der umliegenden Büsche zum Essen. Sie werden krank, schwach, und sterben. In einem Dorf mit 220 Familien sind bereits 20 Bewohner*innen der Hungerkrise zum Opfer gefallen.

Insgesamt sind 15 Millionen Menschen in Äthiopien aufgrund der anhaltenden Dürre stark von Hunger betroffen. Mehr als 20 Millionen Äthiopier*innen brauchen humanitäre Hilfe. 35 Prozent Inflation treffen die Bevölkerung hart, die Preise für überlebensnotwendige Dinge haben sich teilweise verdreifacht. Auch beispielsweise für Benzin, was nötig ist, um Wasserpumpen zum Laufen zu bringen. Die fatale Kombination aus Klimakrise, Konflikt und Vertreibung wird zum Teufelskreis und macht Äthiopien zum traurigem Paradebeispiel der Hungerkrise in Ostafrika. 

Diese Krise war vorhersehbar und vermeidbar. Die internationale Gemeinschaft hat es jahrelang versäumt vorausschauend zu agieren; jetzt muss schnell reagiert werden. Zwar ist es zu spät, das Sterben der Menschen zu verhindern, aber die totale Katastrophe können wir noch abwenden. Dafür muss jetzt dringend gehandelt werden. Langfristig müssen wir mit den Gemeinschaften zusammenarbeiten, um sie und ihre landwirtschaftlichen Systeme bei der Anpassung an die Realität des Klimawandels zu unterstützen und ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Kurzfristig aber müssen wir ihr Überleben sichern. Und dafür braucht es mehr finanzielle Unterstützung. Die nächste UN-Generalversammlung bietet dafür die richtige Gelegenheit. Deutschland als eine der größten Geberegierungen und Initiatorin der ‚Global Alliance Against Hunger‘ kann hier als Vorbild vorangehen und die notwendige Zeitenwende in der Hungerkrise herbeiführen.“

IRCs Einsatz in Äthiopien

International Rescue Committee (IRC) ist seit 2000 in Äthiopien aktiv und unterstützt die äthiopische Bevölkerung in Krisengebieten und Geflüchtete aus den Nachbarländern. Derzeit leistet IRC multisektorale Hilfe durch Nothilfemaßnahmen wie der Bereitstellung von Zelten, Zugang zu und Aufbereitung von Trinkwasser, medizinische Versorgung durch mobile Gesundheitsteams, insbesondere im Bereich Ernährung, sowie dem Wiederaufbau von Schulen und der Schulung von Lehrkräften