7 NGOs plädieren für die vollständige Umsetzung dieses Programms. Um der deutschen humanitären Verpflichtung gegenüber Afghanistan nachzukommen, kündigte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2021 ein Bundesaufnahmeprogramm an. Zu dieser Selbstverpflichtung bekannte sich Innenministerin Faeser im Oktober 2022: „Wir handeln und erfüllen unsere humanitäre Verantwortung. [...] Diese Verantwortung übernehmen wir auch weiterhin.1 

Dieses ist in seiner Konstruktion gegenüber bereits bestehenden Programmen zur direkten Aufnahme von Schutzsuchenden aus Krisenkontexten in zwei Aspekten einzigartig: Erstens, die enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft für die Registrierung gefährdeter Personen. Zweitens, statt einer Aufnahme aus Drittländern, wie im Resettlement-Verfahren, richtet sich das Programm an Afghan*innen, die sich noch in Afghanistan aufhalten. Wie Außenministerin Baerbock zum Start des Programms vor einem Jahr unterstrich: „Es wird eine gemeinsame Kraftanstrengung, dass wir die Ziele auch erreichen, die wir uns gesteckt haben. Wir werden nicht lockerlassen“.2  

Die NGOs begrüßen daher ausdrücklich den bisher geleisteten, politischen Einsatz zur Umsetzung des Bundesaufnahmeprogramms und sehen in der konsequenten Aufnahme von schutzbedürftigen Afghan*innen ein starkes und wichtiges Signal für die fortgesetzte humanitäre Verantwortung der Bundesregierung für die afghanische Zivilbevölkerung. IRC begrüßt ebenso die sichtbaren Fortschritte in diesem Programm, erkennbar am aktuellen Normalbetrieb der Visa-Bearbeitung in der deutschen Botschaft Islamabad, nachdem es mehrere Monate aufgrund des ausgesetzten Visaverfahrens zu Verzögerungen kam, sowie an den aktuell erfolgten Einreisen gefährdeter Afghan*innen über dieses Programm, die trotz komplexer gewordenen Ein- und Ausreiseanforderungen für Pakistan umgesetzt werden konnten.  

Es stehen inzwischen also alle strukturellen Weichen, um das Programm zügiger umsetzen zu können. Dennoch sind erst 13 Personen über dieses Programm eingereist, womit die Zahl weit unter den Ankündigungen von 1.000 pro Monat liegt. Dass die Zivilgesellschaft Hilfsanfragen im fünfstelligen Bereich für das Aufnahmeprogramm aufbereitet hat, zeigt den Bedarf für das Programm deutlich. Dieser große zivilgesellschaftliche Beitrag für die erfolgreiche Umsetzung des BAP muss durch die verlässliche Finanzierung der beteiligten meldeberechtigten Stellen gesichert sein. 

Zum ersten Jahrestag des Bundesaufnahmeprogramms sprechen sich die NGOs daher dafür aus:  

  1. das Programm dringend vollumfänglich und zügig fortzuführen, damit die zugesagten 1000 Aufnahmeplätze monatlich bis September 2025 tatsächlich ausgefüllt werden. 
  2. das Programm mindestens für die Hilfesuchenden, die beteiligten meldeberechtigten Stellen, aber auch für die Öffentlichkeit transparenter zu gestalten, insbesondere in Hinblick auf die Prozesse im Anschluss an eine Aufnahmezusage. 
  3. neben dem Bundesaufnahmeprogramm auch über das Ortskräfte- und das Resettlement-Verfahren weiterhin komplementäre Zugangswege für besonders gefährdete Afghan*innen zu schaffen. Die für 2023 angekündigten Resettlementplätze für 7503 gefährdete Afghan*innen in Pakistan sollen dieses Jahr umgesetzt und 2024 verstetigt werden. 

Corina Pfitzner, Leitung IRC Deutschland, kommentiert:  

,,Die Bundesregierung hat mit dem Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan ein bedeutendes politisches Signal gesetzt und sollte konsequent bis zum September 2025 daran festhalten. Das derzeit einzigartige Bundesaufnahmeprogramm hat internationalen Vorbildcharakter und sollte seine Erfolge auch zum zweiten und dritten Jahrestag stolz präsentieren können. Dies wäre ein Ausdruck der deutschen Verantwortung gegenüber Afghanistan nach dem dortigen Einsatz und es entspräche dem Versprechen im Koalitionsvertrag, ein solches Bundesaufnahmeprogramm umzusetzen. Aktuell zählen Afghan*innen zu der weltweit drittgrößten Bevölkerungsgruppe, die sich auf der Flucht befindet. Sichere Zugangswege wie das Bundesaufnahmeprogramm als Ergänzung zum Asylverfahren sind unerlässlich, um besonders gefährdeten Personen wirksam Schutz zu bieten. Jetzt darf mehr denn je nicht lockergelassen werden.” 

 

Mitunterzeichnende NGOs: 

Artistic Freedom Initiative 

AWO Bundesverband e. V. 

ILGA ASIA 

International Rescue Committee 

Kabul Luftbrücke  

VEREIN FÜR AFGHANISTAN-FÖRDERUNG  e.V. (VAF) 

WIR MACHEN DAS / wearedoingit e.V.