Während die COVID-19-Fälle in Nordsyrien weiter steigen, herrscht in den Krankenhäusern akuter Mangel an Sauerstoff und Testmaterial. Die Gesundheitsbehörden im Nordosten bitten dringend um Unterstützung. International Rescue Committee (IRC) sieht die Hilfsmaßnahmen in der Region gefährdet. Mehr finanzielle Mittel und Unterstützung im Kampf gegen COVID-19 sind dringend notwendig. IRC fordert den UN-Sicherheitsrat auf, den Grenzübergang Yarubiyah mit sofortiger Wirkung wieder zu öffnen, damit internationale Organisationen die Menschen erreichen können.
 
In Qamishli ist das einzige COVID-19-Labor im Nordosten Syriens in Betrieb. Da RNA-Extraktionskits zur Entnahme der Abstrichproben fehlen, könnte das Labor gezwungen sein, COVID-19-Tests in weniger als sieben Tagen einzustellen. Dies hätte verheerende Auswirkungen: Gesundheitsexperten wären nicht mehr in der Lage, die tatsächlichen Fallzahlen zu überblicken – und das in einer Zeit, in der die Infektionszahlen sprunghaft ansteigen.
 
Die Zahl der Fälle im Nordosten Syriens liegt momentan bei 15.546. Bereits im April wurden über 5.300 neue COVID-Fälle bestätigt, mehr als die Hälfte der Anzahl im gesamten Jahr 2020. Neben dem dringenden Bedarf an mehr Testmaterial sind auch die Krankenhäuser in der Region überlastet. Viele sind bereits an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Sieben Einrichtungen mussten im März aufgrund fehlender Finanzierung ihren Betrieb einstellen, weitere sechs stehen nun ebenfalls kurz vor der Schließung.
 
Misty Buswell, Policy & Advocacy Director für IRC im Nahen Osten und Nordafrika, sagt:

„Die Testkapazitäten im Nordosten Syriens waren noch nie ausreichend, aber jetzt könnten sie vollständig ausfallen. Bis heute wurden in der Region nur 41.500 Tests durchgeführt. Wenn das Labor in Qamishli nicht mehr in der Lage ist, Tests durchzuführen, dann wird das Virus im Nordosten Syriens nicht mehr zu kontrollieren sein. Nicht mal 100.000 Dosen wurden für den Nordosten bereitgestellt. Das ist viel zu wenig, um alle Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen und die am meisten gefährdeten Menschen in der Region zu versorgen. Derzeit sterben 83 Prozent der Patient*innen, die invasiv beatmet werden. Wir befürchten, dass es noch schlimmer wird. Krankenhäuser müssen aufgrund mangelnder Finanzierung schließen, der Sauerstoff geht langsam zur Neige, und die COVID-19-Fälle erreichen die bisher höchsten Werte. Das Gesundheitssystem ist überfordert und die Situation verschlechtert sich rasant.“


Über IRC in Nordost-Syrien
IRC leistet seit 2012 Hilfe in Syrien. Im vergangenen Jahr versorgte IRC zusammen mit seinen Partnern fast eine Million Menschen im Land. Als größter medizinischer Anbieter im Nordosten Syriens ist IRC die einzige internationale NGO, die in allen ihren medizinischen Einrichtungen psychologische Betreuung und emotionale Unterstützung anbietet. IRC führt in einer Reihe von Lagern und Städten in der Region Programme zur Stärkung von Frauen durch und bietet auch rechtliche Unterstützung für Binnenvertriebene und Flüchtlinge an.