• 100 Millionen Euro Soforthilfe flexibel auch für lokale Akteure zur Verfügung stellen

  • Humanitären Zugang aushandeln und Grenzübergänge offenhalten

  • Globale Geberkonferenz für Afghanistan und angrenzende Staaten organisieren

  • Schutz und Stärkung afghanischer Frauen auch zukünftig sichern

  • Mindestens 20.000 Resettlement-Plätze für Afghan*innen zur Verfügung stellen

Die jüngste Eskalation der Situation in Afghanistan verstärkt die bestehende Krise im Land dramatisch: Bereits jetzt sind dort rund 18,4 Millionen Menschen von humanitärer Hilfe abhängig. Seit Anfang des Jahres mussten rund 550.000 Afghan*innen innerhalb des Landes fliehen. Mehr als 30.000 Menschen verlassen pro Woche das Land, hauptsächlich nach Pakistan und Iran. Aktuell sind aber nur 38% der humanitären Hilfsprogramme für Afghanistan finanziert. Angesichts der sich verschärfenden humanitären Lage fordert International Rescue Committee (IRC) die deutsche Bundesregierung auf, humanitäre Hilfe in der Region massiv auszubauen sowie Bleibeperspektiven für Afghan*innen in Deutschland zu schaffen.  

Den Menschen jetzt helfen und humanitäre Hilfe in Afghanistan sicherstellen

Die Zusage der Bundesregierung, 100 Millionen Euro Soforthilfe für geflüchtete Afghan*innen in den Nachbarländern zur Verfügung zu stellen, ist der erste richtige Schritt. Nun muss sichergestellt werden, dass finanzielle Mittel auch lokale Akteure in allen Regionen Afghanistans direkt erreichen und mit größtmöglicher Flexibilität bereit stehen, um auf die unsichere Situation flexibel reagieren zu können und Vertriebene innerhalb Afghanistans zu unterstützen.
Damit humanitäre Hilfe die Menschen in Afghanistan erreicht, ruft IRC die Bundesregierung auf, sich gemeinsam mit ihren Partnern für die Einrichtung humanitärer Korridore einzusetzen. Grenzübergänge müssen offen bleiben, damit die Menschen die nötige Hilfe erhalten, essentielle Güter weiterhin ins Land kommen und Geflüchtete in den Nachbarstaaten Schutz suchen können. Gerade Frauen sind besonders schutzbedürftig, und ihre Unterstützung muss auch zukünftig sichergestellt werden. Basierend auf dem jahrelangen Engagement in Afghanistan und als weltweit zweitgrößter Geber in der humanitären Hilfe muss Deutschland weiter Verantwortung übernehmen und proaktiv eine globale Geberkonferenz organisieren. 

Perspektiven für Afghan*innen in Deutschland schaffen 

IRC fordert die Bundesregierung auf, sich in enger Abstimmung mit ihren europäischen Partnern zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Geflüchteter zu verpflichten. Kanada hat beispielsweise 20.000 Resettlement-Plätze zugesagt. Entsprechend ihrer globalen Schutzverantwortung sollte die Bundesregierung ein spezielles Programm zur humanitären Aufnahme von Afghan*innen aufsetzen, und mindestens 20.000 Resettlement-Plätze zur Verfügung stellen. 
IRC unterstützt den Aufruf der Innenministerkonferenz nach einem Bundesaufnahmeprogramm und pocht auf die unkomplizierte Unterstützung landeseigener Programme durch die Bundesregierung. 
Die aktuelle Situation belastet auch Afghan*innen in Deutschland stark. Die Regierung sollte der eskalierenden Situation Rechnung tragen und bereits abgelehnte Asylanträge unbürokratisch neu bescheiden. Zudem fordert IRC die Bundesregierung dringend auf, sich für schnelle Familienzusammenführungen einzusetzen und es afghanischen Schutzsuchenden in Deutschland zu ermöglichen, ihre Familien aus anderen EU-Staaten und Erstaufnahmeländern wie Iran, Pakistan und der Türkei nachzuholen. 

Ralph Achenbach, Geschäftsführer von IRC in Deutschland:

„100 Millionen Euro Soforthilfe sind das richtige Signal der Bundesregierung. Jetzt kann Deutschland seine Rolle als zweitgrößter Geber als Vorbild ausfüllen, eine internationale Geberkonferenz für Afghanistan organisieren und so die Unterstützung für das Land sichern, ohne die eine humanitäre Katastrophe unvermeidbar ist. Die zugesagte humanitäre Hilfe muss nun mit humanitärer Diplomatie Hand in Hand gehen. Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland gute Beziehungen zum Iran hat. Genau diesen Einfluss muss die Bundesregierung jetzt für die afghanische Bevölkerung nutzen. Der militärische Rückzug aus Afghanistan darf nicht mit einem humanitären, politischen und diplomatischen Rückzug einhergehen.“

Imogen Sudberry, Direktorin Policy & Advocacy IRC in Europa:

„Es ist äußerst beunruhigend zu sehen, dass sich die Staats- und Regierungschef*innen der EU eher bemühen, Menschen zu hindern, sich in Europa in Sicherheit zu bringen – anstatt Möglichkeiten auszuloten, um Menschen in Afghanistan zu schützen und die Nachbarstaaten zu unterstützen. Dabei gibt es keinen Grund zur Hysterie. Wie in den meisten Krisensituationen wird die große Mehrheit der vertriebenen Afghan*innen in der Region bleiben. Mit einem fairen, humanen und effizienten System hätte die EU zudem kein Problem damit, die Ankunft derjenigen zu bewältigen, die auf der Suche nach Sicherheit und Schutz nach Europa kommen. Die Bundesregierung ist hier in der Verantwortung, die richtige Richtung vorzugeben.“

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