Laut einem neuen IRC-Bericht ist die Wirtschaftskrise in Afghanistan die Hauptursache für die anhaltende Ernährungsunsicherheit. Die derzeitige humanitäre Krise könnte weit mehr Afghan*innen das Leben kosten als die letzten 20 Jahre des Krieges. Angesichts der anhaltenden politischen Unsicherheit und der wirtschaftlichen Katastrophe leidet die afghanische Bevölkerung unter extremem Hunger. Fast 20 Millionen Afghan*innen sind vom Tod bedroht. 97%der Bevölkerung Afghanistans lebt unterhalb der Armutsgrenze. International Rescue Committee (IRC) weiß aus eigener Erfahrung, dass humanitäre Hilfe eine funktionierende Wirtschaft und staatliche Strukturen nicht ersetzen kann.

Nicht Konflikte, sondern wirtschaftliche Schocks sowie COVID und Dürren sind die häufigste Herausforderung für afghanische Haushalte. Die afghanische Bevölkerung ist gezwungen, auf immer verzweifeltere Bewältigungsmechanismen zurückzugreifen: 43% der Bevölkerung leben von weniger als einer Mahlzeit pro Tag. Um Nahrungsmittel kaufen zu können, müssen sich immer mehr Haushalte verschulden. Es gibt immer mehr Berichte über Kinderehen und -arbeit. Auch der Organhandel nimmt zu.

Zudem hat der Ukraine-Krieg verheerende Auswirkungen auf die weltweite Nahrungsmittelversorgung. Durch den Anstieg der Getreidepreise und die Gefährdung von Saatölimporten werden Länder wie Afghanistan weiter in die Hungersnot getrieben.

Vicki Aken, IRC-Direktorin Afghanistan, sagt dazu:
"Heute geben 90% der befragten Afghan*innen an, dass sie in erster Linie Nahrungsmittel benötigen. Zwischen 2021 und 2022 ist die Zahl der verschuldeten Haushalte von 78 auf 82% gestiegen. Die Ursache für die steigende Verschuldung der Familien ist klar: die Notwendigkeit, Lebensmittel zu kaufen.

Gleichzeitig wird die Rolle der Frauen in der Gesellschaft immer mehr in Frage gestellt. Es wird für Frauen immer schwieriger, Arbeit zu finden. Mit über dreißig Jahren Erfahrung in humanitärer Hilfe in Afghanistan wissen wir, welche entscheidende Rolle Frauen beim Zugang zu den besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen spielen. Denn sie sind die einzigen, die insbesondere Frauen und Kinder erreichen können. Jüngste Verordnungen zur Bildung von Mädchen und andere Einschränkungen erschweren ihnen diese Aufgabe zunehmend. Wir sind zutiefst besorgt, dass sich die Situation weiter verschlechtern könnte.

Dies ist ein entscheidender Moment für Afghanistan. Die Welt kann es sich nicht leisten, wegzuschauen, während die Wirtschaft des Landes am Rande des Zusammenbruchs steht und die Fortschritte der letzten zwanzig Jahre verloren gehen. Die internationale Gemeinschaft kann und sollte mehr tun, um das Leben und den Lebensunterhalt unschuldiger Afghan*innen zu schützen. Es müssen dringend Maßnahmen über humanitäre Hilfe hinaus ergriffen werden, um einen totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern."

Der IRC-Bericht empfiehlt sechs wichtige Sofortmaßnahmen, um öffentliche Dienstleistungen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen:

Ausführliche Empfehlungen finden Sie in diesem Bericht.