Mehr als zwei Monate nach Kriegsausbruch in Sudan warnt International Rescue Committee (IRC) vor vermeidbaren Toden und Krankheiten von Frauen und Mädchen, wenn es zu weiteren Ausgabenkürzungen für sexuelle und reproduktive Gesundheitsdienste kommt. Unter den Geflüchteten aus Sudan in Tschad sind fast neun von zehn Personen Frauen und Mädchen, von denen 25 Prozent im gebärfähigen Alter und 5 Prozent derzeit schwanger sind. 

Aleksandra Roulet-Cimpric, IRC-Landesdirektorin in Tschad, sagt: 

,,Die Kürzung sowohl öffentlicher als auch privater Mittel für sexuelle und reproduktive Gesundheit in den letzten beiden Jahren hatte bereits verheerende Folgen und die Situation wird sich weiter verschlechtern. Kürzungen könnten weltweit zu bis zu zwei Millionen ungewollten Schwangerschaften aufgrund von Engpässen bei der Versorgung mit Verhütungsmitteln führen. 

IRC-Mitarbeitende an der Grenze in Tschad berichten, dass die Anzahl der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen angestiegen ist. Es handelt sich vor allem um Frauen, die vom Konflikt in Darfur und anderen Teilen Sudans fliehen. IRC bietet Schulungen zur Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Gewalt an, hat bereits 450 Dignity-Kits verteilt und 14 Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt behandelt, darunter Vergewaltigungen, körperliche Angriffe, Zwangsheirat, Ressourcenverweigerung und psychische Gewalt. IRC bietet auch Räumlichkeiten für Freizeitaktivitäten, um einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sich Frauen über ihre Erfahrungen austauschen können oder in dem sie Gegenstände herstellen, die sie verkaufen können. 

Aufgrund IRCs Erfahrung im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit in Tschad und der bestehenden Netzwerke und Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen hatte IRC bereits vor der Krise einen Vorbereitungsplan und konnte Mittel für Maßnahmen in dem Bereich mobilisieren. Auf diese Weise konnten bereits über 1.900 perinatale Konsultationen durchgeführt und bei 45 Entbindungen geholfen werden. Dennoch bedarf es weiterer Mittel, um Frauen und Mädchen Hilfe zu leisten, damit sie und ihre Leben nicht weiter in Gefahr schweben.’’ 

Der humanitäre Hilfsplan für Tschad, der derzeit nur zu 17 Prozent finanziert ist, sollte sofort erfüllt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass sexuelle, reproduktive und schwangerschaftsbezogene Gesundheitsdienste für sudanesische Frauen und Mädchen, die in Tschad Zuflucht suchen, angemessen ausgestattet sind. Weltweit sind die Fortschritte, Todesfälle während Schwangerschaft und Geburt sowie bei Neugeborenen zu reduzieren, ins Stocken geraten. Etwa 30 Prozent der schwangerschaftsbezogenen Todesfälle könnten verhindert werden, wenn der Bedarf an Verhütungsmitteln gedeckt und der Zugang zu sicherer Schwangerschaftsabbruchversorgung gewährleistet wäre. Die 29 Länder mit humanitären Appellen im Jahr 2023 machen 64 Prozent der globalen Müttersterblichkeit, 50 Prozent der Todesfälle von Neugeborenen und 51 Prozent der Totgeburten aus. Der Kreislauf der ungewollten Schwangerschaften und unsicheren Abtreibungen ist sowohl Ursache als auch Ergebnis von Geschlechterungleichheit. Er verschärft sich während Krisen, was zu einem übermäßigen Krankheits- und Todesfallrisiko führt. 

IRC in Tschad 
IRC führt seit 2004 als Reaktion auf die Geflüchtetenkrise aus dem benachbarten Darfur in Tschad lebenswichtige humanitäre Programme durch. Heute arbeitet IRC im ganzen Land, um integrierte Interventionen im Gesundheitswesen, einschließlich reproduktiver Gesundheit, Ernährung sowie Wasser- und Sanitärversorgung durchzuführen. Weitere Tätigkeitsbereiche sind der Schutz und die Stärkung von Frauen, mit Schwerpunkt auf der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, sowie wirtschaftliche Teilhabe, mit Schwerpunkt auf Bargeldhilfe und einkommensschaffenden Maßnahmen. 

In Notsituationen bietet IRC innerhalb von 48 Stunden nach Ausbruch einer Krise ein Servicepaket, das Todesfälle, Krankheiten, Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit ungewollten Schwangerschaften, Komplikationen, geschlechtsspezifische Gewalt, HIV-Infektionen und eine Reihe von reproduktiven Störungen verhindern kann. In Tschad koordiniert das IRC-Notfallteam diese Maßnahmen zusammen mit UN-Organisationen, lokalen und internationalen Organisationen, um den sexuellen und reproduktiven Gesundheitsbedarfen sudanesischer Geflüchteten gerecht zu werden.

Bevor die Krise in Sudan nach Tschad überschwappte, hatte IRC bereits Mitarbeitende des Gesundheitsministeriums und lokale NROs in der Bereitstellung von Unterstützung für sexuelle und reproduktive Gesundheit geschult. Als Reaktion auf die Ankunft von Geflüchteten verteilte IRC Gesundheitskits, stellte Beratungs- und Überweisungsmöglichkeiten rund um die Uhr und identifizierte verfügbare Standorte zur Versorgung, wie Bezirkskrankenhäuser und Gesundheitszentren.

Gemeinsam mit Partnerorganisationen bietet IRC Informationen, Zugang und Beratung zur Verwendung von Verhütungsmitteln an. Darüber hinaus werden sogenannte sichere Entbindungskits an alle Frauen im dritten Trimester ausgehändigt und sexuell übertragbare Infektionen bei Anzeichen von Symptomen behandelt.