International Rescue Committee (IRC) reagiert auf die heute vom UNHCR veröffentlichten Zahlen zu den weltweiten Vertreibungen, die einen neuen Höchststand erreicht haben. 

David Miliband, IRC Präsident und CEO, sagt:  

,,Die Rekordzahl von Vertriebenen zeigt wie unzureichend die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf die humanitären Auswirkungen von Konflikten, der Klimakrise und wirtschaftlichen Kollaps ist. Und das alles, während die globalen Mechanismen, die vor humanitärem Leid schützen sollen, immer weiter abgebaut werden.  

Angesichts der größten Vertreibung seit dem Zweiten Weltkrieg ist es sehr besorgniserregend, dass vor allem die Länder mit hohem Einkommen Geflüchtete und Asylsuchende nicht mit Menschlichkeit und Gerechtigkeit, sondern mit Unmenschlichkeit und Grausamkeit empfangen. Anstatt Sicherheit zu garantieren, verstärken diese grundlosen politischen Entscheidungen nur die unsicheren Bedingungen, vor denen asylsuchenden Menschen überhaupt erst fliehen. 

Humane Antworten auf globaler Ebene, wie wir sie für Menschen aus der Ukraine gesehen haben, sind möglich - und angesichts der großen und wachsenden globalen Not besonders dringend. Die wahre Krise ist nicht die globale Vertreibung an sich, sondern der eklatante Mangel an politischem Willen, sie anzugehen."

IRC ruft die Bundesregierung dazu auf:  

  1. Diplomatisches und finanzielles Engagement in Krisenregionen: Um den politischen Ursachen von Flucht und Vertreibung zu begegnen, sollte die Bundesregierung ihr diplomatisches Engagement für Krisenprävention und Konfliktlösung verstärken. Neben mehr Einsatz für die Grundfeiler der regelbasierten Ordnung - der Sicherung des humanitären Zugangs in Konfliktgebieten und mehr Rechenschaft für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht - dürfen internationale Hilfsgelder nicht gekürzt werden. Die aktuell diskutierte Kürzung von Haushaltsmitteln für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit wäre angesichts der aktuellen globalen Bedarfe ein Negativsignal auch an andere Geberregierungen. 
  2. Aufstockung der Resettlement- und humanitären Aufnahmeprogramme: Die Bundesregierung sollte angesichts der weltweiten Notlagen die Programme, die besonders gefährdeten Menschen aus Krisenkontexten eine direkte Aufnahme in Deutschland ermöglichen ausbauen. Durch den Ausbau von sicheren Zugangswegen werden weniger Menschen auf gefährliche Fluchtrouten gezwungen und die Erstaufnahmegemeinden in Nachbarschaft der Herkunftsländer entlastet. Die Aussetzung der Erteilung von Visa aus humanitären Gründen für Afghan*innen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan zeigt aktuell, dass die Umsetzung von Aufnahmeprogrammen fortgesetzten politischen Willen und ausreichender administrativer Kapazitäten bedarf. 
  3. Wahrung des Zugangs zu Asylverfahren in der EU: Durch die von der EU beabsichtigten und von den EU-Innenminister*innen inklusiver Ministerin Faeser kürzlich abgesegneten Verschärfungen des Asylsystems haben mit der breiten Implementierung von Grenzverfahren zur Folge, dass noch mehr Menschen, Kinder nicht ausgenommen, unter haftähnlichen Bedingungen an den Außengrnezen festgehalten werden. Ohne robuste und unabhängige Grenzüberwachungsmechanismen droht auch, dass Verantwortliche für gewalttätige und illegale Zurückweisungen von schutzbedürftigen Menschen, sog. Pushbacks, weiterhin nicht zur Rechenschaft gezogen werden. 

,,Eine global solidarische Unterstützung von Geflüchteten muss diese drei Elemente eines umfassenden, in sich kohärenten Politikansatzes verfolgen. Wir beobachten mit Sorge, dass Teilzugeständnisse für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sowie humanitäre Aufnahmeprogramme für die Aushebelung des Rechts auf Asyl instrumentalisiert werden. Mehr Unterstützung von Geflüchteten in Krisenregionen wiegt nicht die Aushöhlung des Zugangs zur Asylantragsstellung in Europa auf. Statt mehr politischem Einsatz für Geflüchtete droht so eine weitere Verschärfung der verheerenden Schutzkrise für Geflüchtete weltweit und ein weiterer Anstieg der menschlichen Not auf der Flucht.”