Ein neuer Bericht des Cash Consortium of Sudan – ein Konsortium aus sechs Hilfsorganisationen, darunter auch International Rescue Committee (IRC) – betont die Relevanz von Bargeldhilfe in Sudan. Nur so kann ein weiterer Verlust an Menschenleben im Land verhindert werden. In Sudan herrscht eine der schlimmsten Hungerkrisen der Welt. Mehr als einer von drei Menschen leidet unter akutem Hunger. Der bewaffnete Konflikt führt zu massiven Vertreibungen und wirkt sich stark auf das wirtschaftliche Einkommen der Menschen aus. Der Getreideanbau ist erheblich beeinträchtigt und Märkte werden gestört. Der Konflikt hat die Lebensmittelpreise um 83 Prozent in die Höhe getrieben und den Zugang der Zivilbevölkerung zu Hilfsleistungen stark eingeschränkt. 

In Sudan befinden sich laut IPC-System (Integrated Food Security Phase Classification) rund 18 Millionen Menschen – mehr als 37 Prozent der Bevölkerung – in einer Hungerkrise (Stufe 3) oder in einer Notsituation (Stufe 4). Damit steuert Sudan auf eine Hungersnot zu. Eine Katastrophe, die vermeidbar ist. 

Die Vorteile der Bargeldhilfe in Sudan wurden bisher weitgehend übersehen und nicht ausreichend genutzt: Eine angemessene Finanzierung der Hilfsleistungen würde einen raschen Ausbau der humanitären Hilfe ermöglichen und die Reichweite humanitärer Programmarbeit kosteneffizient vergrößern. Millionen von Menschen, die unter extremer Ernährungsunsicherheit leiden, sind auf vollständig finanzierte humanitäre Bargeldprogramme angewiesen. Das gilt insbesondere für Menschen im Großraum Darfur, Groß-Kordofan und im Bundesstaat Khartum. 

Eatizaz Yousif, IRC-Landesdirektorin für Sudan, sagt:

,,Dieser wichtige Bericht unterstreicht wie dringend die sudanesische Bevölkerung Bargeldprogramme benötigt . Diese Programme sind so relevant, weil sie den Bedarf an und die Kosten für den Transport und die Lagerung von humanitären Hilfsgütern sowie andere logistische Aufgaben decken können. Bargeldhilfe regt die Ausgaben in der Wirtschaft eines Landes an und stärkt lokale Unternehmen, auf die sich die Zivilbevölkerung in Krisenzeiten verlassen. Praktisch hilft es den Menschen, sich Lebensmittel und andere lebenswichtige Güter leisten zu können”

Stefano Battain, stellvertretender IRC-Direktor für Bargeld und Märkte, kommentiert

,,Wir erleben immer wieder die enorme Wirksamkeit und das Potenzial von Bargeldhilfe. Es hilft den Menschen, wieder auf die Beine zu kommen. Unsere Klient*innen wissen, was sie und ihre Familien in Krisenzeiten brauchen. Und was sie im Wiederaufbau ihres Lebens nicht brauchen, ist Mikromanagement. Die Ausweitung und Verstärkung der Bargeldhilfe in Sudan ist und bleibt ein entscheidender Bestandteil, um konstruktiv auf die anhaltende humanitäre Krise reagieren zu können. So kann der Grundstein für eine bessere Zukunft der Gemeinschaften in Sudan und in der gesamten Region gelegt werden."

Aus dem Bericht des Cash Consortium of Sudan geht hervor, dass Märkte in den meisten Teilen des Landes weiterhin besucht werden und Lebensmitteln sowie lebenswichtige Güter vorhanden sind. Jedoch können sich Sudanes*innen aufgrund des Kaufkraftverlustes während des Kriegs diese Güter nicht leisten. Dadurch geraten die bestehenden lokalen Märkte in Gefahr. Die Bereitstellung von Sachleistungen wie Nahrungsmitteln oder Grundbedarfsgütern ist aufgrund von Zugangsbarrieren und hohen Betriebskosten nur eingeschränkt möglich. In Sudan ist Bargeldhilfe die einzige Möglichkeit, direkte humanitäre Hilfe zu leisten. Zehn Prozent der sudanesischen Zivilbevölkerung, die unter schwerem Hunger leiden, können mit der bestehenden Ernährungsprogrammarbeit nicht versorgt werden. Einige Initiativen wie das Cash Consortium of Sudan stellen bereits Bargeldhilfen zur Verfügung. Sie ermöglichen es den Menschen im ganzen Land, Lebensmittel und andere Güter zu kaufen. Bargeldhilfen sind notwendig, um den dringenden und steigenden humanitären Bedarf zu decken und die lokalen Märkte zu unterstützen.

Bargeldhilfen erweisen sich als eine der wichtigsten Hilfsmaßnahmen, um Hungersnöte zu verhindern und lokale Märkte in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten. Oft sind sie effizienter und kostengünstiger als Sachleistungen, die lokale Märkte und Wirtschaften untergraben können. Sachleistungen sind essentiell in Gebieten, wo Märkte die benötigten Waren nicht zur Verfügung stellen können. In Gebieten mit funktionsfähigen Märkten ist es wichtig, sich auf verfügbare Marktbewertungen und -analysen zu stützen. Diese können sicherzustellen, dass – wo immer möglich – Bargeldhilfe bevorzugt wird. 

Die im Grand Bargain vor fast acht Jahren eingegangene Verpflichtung von globalen Geberstaaten wird nicht eingehalten, wenn das Potenzial von Bargeldhilfen in Sudan eingeschränkt wird. So sind Geberregierungen angesichts einer drohenden und weit verbreiteten Hungersnot untätig. Bargeldhilfen sollten in vielen Gebieten des Landes als Hauptpfeiler einer effizienten, prinzipienfesten, sektorübergreifenden humanitären Reaktion und Strategie eingesetzt werden. Sie müssen zur Verhinderung von Hungersnöten eingesetzt und nur bei Bedarf durch andere Maßnahmen ergänzt werden. 

Die Verweigerung, diese Art von humanitärer Programmarbeit zu finanzieren, ist ein weiterer Beweis für die Vernachlässigung und Selbstgefälligkeit der Geberregierungen gegenüber der humanitären Katastrophe in Sudan. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln: Auch wenn noch keine Hungersnot ausgerufen wurde, könnten 4,9 Millionen Menschen – zehn Prozent der Bevölkerung – in wenigen Wochen oder Monaten verhungern.
 

Mitglieder des Cash Consortiums of Sudan: