Obwohl der Bürgerkrieg in Südsudan mit einem Friedensabkommen im Jahr 2018 offiziell beendet wurde, geht die Gewalt weiter. Klimakatastrophen und wirtschaftliche Umwälzungen tragen ebenfalls dazu bei, dass immer mehr Menschen von Nahrungsknappheit betroffen sind und die Zahl der Unterernährten Rekordhöhen erreicht.

„Die Auswirkungen des Klimawandels haben in Südsudan zu ungewöhnlich starken Regenfällen geführt: Das Hochwasser hat die Menschen aus ihren Häusern vertrieben und sie ohne ausreichend Nahrung und sauberes Wasser zurückgelassen“, sagt Caroline Sekyewa, IRC-Landesdirektorin für Südsudan. „Die Kombination der Auswirkungen von Klimawandel und Konflikten haben verheerende Folgen für die ohnehin schon gefährdeten Bevölkerungsgruppen.“

Humanitäre Risiken im Jahr 2023

Rekord-Nahrungsmittelknappheit erwartet

Mehr als 7,8 Millionen Menschen in Südsudan werden voraussichtlich im Jahr 2023 ihren Grundbedarf an Nahrungsmitteln nicht decken können. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den 6,3 Millionen Menschen, die im Jahr 2022 von Ernährungsunsicherheit betroffen waren. In Südsudan könnten Hunger und Hungersnot sogar noch bedrohlicher werden als zu Zeiten des Bürgerkriegs.

Die unsichere Ernährungslage zwingt mehr als drei von fünf Südsudanes*innen dazu, Mahlzeiten ausfallen zu lassen oder ihr Eigentum zu verkaufen, um sich Lebensmittel leisten zu können – rund 43.000 Menschen sind von akuter lebensbedrohlicher Unterernährung betroffen.

Peter steht neben seiner Mutter und seinem Vater vor ihrem Haus im Südsudan.
Der zweijährige Peter* steht neben seinen Eltern in Bahr El Ghazal, nachdem er aufgrund von Unterernährung behandelt wurde. „Es geht ihm jetzt viel besser und er wird zur Schule gehen und dort lernen“, sagt Peters Mutter Anan. „Das macht mich glücklich.“
Foto: Adrienne Surprenant/IRC

Konflikt bedroht Zivilbevölkerung und humanitäre Helfer*innen

Trotz eines 2018 unterzeichneten Friedensabkommens hat die Zahl der bewaffneten Gruppen in Südsudan zugenommen. Diese Milizen haben ihre Truppen oft schlecht unter Kontrolle und bemühen sich kaum, die Zivilbevölkerung zu schützen oder humanitäre Maßnahmen zu ermöglichen: In Südsudan gibt es die meisten Gewalttaten gegen Mitarbeitende von Hilfsorganisationen. Außerdem ist es der Übergangsregierung nicht gelungen, das Militär zu vereinen oder in anderen wichtigen Fragen Fortschritte zu erzielen. Solange die Stabilität nicht wiederhergestellt ist, besteht die Gefahr, dass in Südsudan wieder Krieg ausbricht.

Klimakatastrophen zerstören Ernten und verbreiten Krankheiten

Die Überschwemmungen Ende 2022 und Anfang 2023 betrafen mehr als 900.000 Menschen und führten zu Ausbrüchen von Cholera und Malaria. Diese Überschwemmungen, gerade mal ein Jahr nach den noch größeren Überschwemmungen im Jahr 2021, verdeutlichen die ständige Bedrohung für ein Land, dem die Infrastruktur fehlt, um darauf zu reagieren.

Abuk hält ihr Kind Nyirou vor ihrem überfluteten Haus. Das Wasser hat das Gebiet rund um das Haus überflutet.
Abuk, 30, hält Nyirou, 4, vor ihrem überfluteten Haus in Bahr el Ghazal. Als bei Nyirou Unterernährung festgestellt wurde, brachte Abuk sie in eine Klinik, wo das IRC-Ernährungsteam sie mit Medikamenten und einer nährstoffreichen Paste namens Plumpy'Nut versorgte.
Foto: Adrienne Surprenant/IRC

Wirtschaftlicher Druck erhöht die Ernährungsunsicherheit

Obwohl die hohen Ölpreise das BIP Südsudans in die Höhe treiben, steht das Land aufgrund des Bürgerkriegs immer noch vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Der Ölexport macht 95 Prozent der Exporte des Landes aus, doch gingen diese von 350.000 Barrel pro Tag im Jahr 2013 auf 150.000 im Jahr 2022 zurück. Die Währung Südsudans hat zwischen Sommer 2021 und Herbst 2022 um 60 Prozent an Wert verloren, was die Kaufkraft des Landes deutlich verringert hat.

Wie wirkt sich der Krieg in Sudan auf Südsudan aus?

Am 15. April 2023 brach in Khartum, Sudan, ein Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) aus. Im ersten Monat des Konflikts wurden fast eine Million Menschen vertrieben. 

200.000 Menschen waren gezwungen, über die sudanesischen Grenzen zu fliehen, darunter fast 70.000 Geflüchtete, die in Südsudan Schutz suchten.

„Wenn Menschen vertrieben werden, sei es innerhalb eines Landes oder über Grenzen hinweg, brauchen sie Unterstützung, da sie nur wenig Vorräte mitnehmen können“, erklärt IRC-Nothilfedirektor für Ostafrika, Shashwat Sarif. „Die jüngste Gewalt hat zu einer akuten Verknappung von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Treibstoff geführt, während die Preise für lebenswichtige Güter deutlich gestiegen sind.“

Südsudan braucht weiterhin Unterstützung und finanzielle Mittel, um nicht nur die anhaltende humanitäre Krise zu bewältigen, sondern auch um die Bedürfnisse der Menschen erfüllen zu können, die vor dem Krieg in Sudan fliehen.

Erfahre mehr über den Krieg in Sudan.

Wie IRC in Südsudan hilft

IRC ist seit 1989 in Südsudan tätig. Mit mehr als 700 Vollzeitbeschäftigten bieten wir betroffenen Gemeinden medizinische Grundversorgung, reproduktive und umweltbezogene Gesundheitsfürsorge, Ernährungs- und Schutzmaßnahmen sowie Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und Resilienz. IRC arbeitet mit nationalen und staatlichen Behörden sowie mit lokalen Partnerorganisationen zusammen, um die Gesundheitssysteme zu stärken und Menschen zu unterstützen, die durch Krisen vertrieben wurden.

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Erfahre mehr über die 10 schlimmsten Krisen, die die Welt im Jahr 2023 nicht ignorieren kann, lerne, wie IRC prognostiziert, welche Länder mit einer Verschärfung humanitärer Krisen konfrontiert sein werden, und lade dir die vollständige Emergency Watchlist 2023 mit den Profilen aller 20 Krisenländer der IRC-Liste herunter.