Krise in Sudan: Was passiert und wie du helfen kannst
Der Sudan steht an der Spitze der IRC-Watchlist 2024, die Liste der Länder, in denen sich die humanitäre Lage am ehesten verschärfen wird.
Der Sudan steht an der Spitze der IRC-Watchlist 2024, die Liste der Länder, in denen sich die humanitäre Lage am ehesten verschärfen wird.
In der Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) wird jedes Jahr analysiert, in welchen Ländern das Risiko für eine Verschlechterung humanitärer Krisen im kommenden Jahr am größten ist. Dieses Jahr steht Sudan ganz oben auf dieser Liste. Die Gründe dafür sind der eskalierende Konflikt, Massenvertreibungen, die Wirtschaftskrise und das Gesundheitssystem, das kurz vor dem Zusammenbruch steht.
Der Machtkampf zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) eskalierte im April 2023 zu einem weitreichenden Konflikt und treibt seither den humanitären Bedarf in die Höhe. Ein Ende der Krise in Sudan ist nicht in Sicht.
Schon vor dem Konflikt befand sich Sudan in einer schweren humanitären Krise. Aufgrund langanhaltender politischer Instabilität und wirtschaftlichem Druck benötigten 15,8 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Der Konflikt hat die Situation weiter verschlimmert, sodass nun fast 25 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – auf Hilfe angewiesen sind.
Während es im Land zu Massenvertreibungen und Massentötungen kommt, wurde der Zugang für humanitäre Hilfe stark eingeschränkt. Für Hilfsorganisationen ist es extrem schwierig, betroffene Gemeinden zu erreichen.
Die Krise wird sich bis 2024 voraussichtlich weiter verschärfen, was zu weiteren Vertreibungen und erhöhten Sicherheitsrisiken in der gesamten Region führen wird.
Schon vor dem Ausbruch des Konflikts befand sich Sudan in einer humanitären Krise. Grund dafür waren Extremwetterereignisse, soziale und politische Unruhen, steigende Lebensmittelpreise, die Armut, Hunger und Vertreibung immer weiter verstärken.
Der Konflikt zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) eskalierte am 15. April 2023. Obwohl sich die Kämpfe hauptsächlich auf die Hauptstadt Khartum konzentrieren, sind auch andere Regionen des Landes betroffen. In Darfur kam es zu Massentötungen und Vertreibungen, deklariert als „ethnische Säuberungen“.
Jede weitere Ausweitung des Konflikts auf landwirtschaftliche Regionen wird die Nahrungsmittelkrise weiter verschärfen. Insbesondere wenn die Kämpfe Gezira erreichen, die sogenannte „Kornkammer“ Sudans. Plünderungen von Geschäften, Märkten und Lagern für humanitäre Hilfsgüter verschärfen die Lebensmittelknappheit zusätzlich.
Während sich der Konflikt in Sudan weiter ausbreitet, wurde der Zugang für humanitäre Hilfe immer weiter eingeschränkt. Massive Gewalt und Bewegungseinschränkungen für humanitäre Helfer*innen verhindern die Lieferung von Hilfsgütern, insbesondere im Süden Sudans, wo der Bedarf am größten ist. Die Organisation ACAPS hat die Beschränkungen des humanitären Zugangs in Sudan als extrem (5 von 5) eingestuft.
Wenn der Konflikt angesichts erfolgloser diplomatischer Bemühungen anhält, wird der Bedarf an humanitärer Hilfe weiter steigen. Die Kapazitäten sind nicht ausreichend, um ihn zu decken.
Der Konflikt in Sudan hat die öffentliche Infrastruktur des Landes, einschließlich des Gesundheitssystems, enorm beeinträchtigt. Es fehlt an Personal, Finanzierung und Medikamenten. Außerdem kam es wiederholt zu Angriffen, Plünderungen und Besetzungen von medizinischen Einrichtungen und Krankenhäusern. Mehr als 70% der Gesundheitseinrichtungen in den vom Konflikt betroffenen Regionen des Sudan sind zerstört oder geschlossen.
Die Vertreibung der Zivilbevölkerung belastet das Gesundheitssystem sowie die Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung (WASH) zusätzlich. Der Ausbruch von Masern in weiten Teilen Sudans hat zum Tod von mehr als 1.000 Kindern geführt. Im September 2023 wurde im Bundesstaat Gederaf ein Choleraausbruch gemeldet, der sich seitdem auch auf Khartum, Süd-Kordofan und Aj Jazirah ausgebreitet hat.
Angesichts der vielen Fälle von Unterernährung, des geschwächten Gesundheitssystems und der geringen Impfquote haben Krankheitsausbrüche katastrophale Folgen, vor allem für Kinder.
Bereits vor dem Ausbruch des Konflikts war die sudanesische Wirtschaft durch eine extreme Inflation und den Mangel an lebenswichtigen Produkten geschwächt. Dies führte im ganzen Land zu Protesten. Nun treibt der Konflikt die Wirtschaftskrise weiter an. Die Wirtschaft Sudans wird im Jahr 2023 voraussichtlich um 18,3% schrumpfen.
Fast die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung ist arbeitslos. Das Sudanesische Pfund hat mindestens 50% an Wert verloren. In Khartum wurden Fabriken, Banken, Geschäfte und Märkte geplündert oder zerstört. Der Zugang der Bevölkerung zu Waren, Dienstleistungen und Bargeld wurde dadurch weiter eingeschränkt. Die Inflationsrate wird voraussichtlich auf mehr als 250% ansteigen und auch im Jahr 2024 hoch bleiben. Dies gilt sogar für den derzeit unwahrscheinlichen Fall eines dauerhaften Waffenstillstands.
Kinder sind in Sudan besonders gefährdet. Mindestens 10.400 Schulen in Konfliktgebieten sind geschlossen. Dadurch haben schätzungsweise 19 Millionen Kinder keinen Zugang zu Bildung und sind dem Risiko von Missbrauch oder Ausbeutung ausgesetzt.
Die Bevölkerung in Sudan ist von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht. 20,3 Millionen Menschen sind von akutem Hunger (IPC Stufe 3) oder einer noch höheren Stufe der Ernährungsunsicherheit betroffen. Bei akuter Ernährungsunsicherheit sind Familien gezwungen, auf negative Bewältigungsstrategien zurückzugreifen. Um an genug Nahrung zu kommen, um ihre Grundbedarfe zu decken, müssen sie z.B. ihren Besitz verkaufen oder ihre Kinder verheiraten. In manchen Gemeinden kommt es sogar zu einer akuten Hungersnot.
Dadurch dass so viele Menschen vertrieben wurden, fehlt es an Arbeitskräften im ganezn Land. Die Treibstoffkosten steigen und beeinträchtigen die landwirtschaftliche Produktion. Eine schlechte Ernte aufgrund von Extremwetterereignissen könnte die Lebensmittelpreise in Sudan weiter in die Höhe treiben.
Der Konflikt in Sudan hat zu einer hohen Anzahl an Vertreibungen geführt, sowohl innerhalb des Landes als auch über die sudanesischen Grenzen hinaus. Die große Mehrheit der Vertriebenen, 5,1 Millionen Menschen, sind innerhalb Sudans geflohen und leben nun in Aufnahmegemeinden. Damit steigt die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in Sudan auf mehr als sieben Millionen Menschen. Das sind mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Über 1,3 Millionen Menschen, vor allem Frauen und Kinder, sind aus Sudan in die Nachbarstaaten geflohen. 430.000 von ihnen nach Tschad. Die Nachbarstaaten von Sudan haben Schwierigkeiten, die steigende Anzahl von Geflüchteten zu versorgen. Die Gefahr steigt, dass sich der Konflikt über die Grenzen ausweitet. Die Krise in Sudan könnte sich zu einer internationalen Krise entwickeln, die sich auf mehrere Länder ausweitet und ein katastrophales Ausmaß an humanitärem Bedarf nach sich zieht.
IRC hat die Programme angepasst und die Hilfe aufgestockt, um dem gestiegenen humanitären Bedarf in Sudan zu decken. Wir unterstützen binnenvertriebene Menschen durch wirtschaftliche Förderung, Gesundheitsdiensten sowie mit Lebensmitteln, Wasser-, Sanitär- und Hygienemaßnahmen.
IRC bietet außerdem Programme zum Schutz und zur Stärkung für Frauen und Kinder an, unter anderem für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt in den Bundesstaaten Blue Nile, Gederaf, Khartum und Süd-Kordofan. IRC hat ein neues Programm im Bundesstaat Aj Jazirah entwickelt und ein Büro in Port Sudan eröffnet. Im Bundesstaat White Nile werden Nothilfemaßnahmen angeboten, die unter anderem Bargeldhilfe, sauberes Wasser sowie Sanitär- und Hygienemaßnahmen für gefährdete Gemeinden bereitstellen.
IRC wird die Maßnahmen an weiteren Orten wie den Regionen Red Sea und Darfur ausweiten, um die humanitäre Versorgung möglichst flächendeckend zu gewährleisten und die Programme als Reaktion auf die anhaltende humanitäre Krise in Sudan weiter auszubauen.
Über 1,3 Millionen Menschen haben seit April 2023 in den Nachbarstaaten Sudans Zuflucht gesucht. IRC hat die grundlegende Versorgung zur Unterstützung sudanesischer Geflüchteter ausgeweitet, unter anderem in Tschad, Äthiopien und Südsudan.
Mehr als 542.000 Menschen sind über die Grenze nach Tschad geflohen. Bereits vor dem Ausbruch des Konflikts im April 2023 lebten dort 400.000 sudanesische Geflüchtete. Frauen und Kinder stellen 90% der Menschen, die über die Grenzen fliehen. Ein Fünftel der Kleinkinder ist von akuter Unterernährung betroffen.
„Die Tatsache, dass Frauen und Kinder einen so großen Anteil der neu Ankommenden in Tschad ausmachen, ist besonders besorgniserregend. Denn sie sind in Konfliktsituationen oftmals die am meisten gefährdete Gruppe“, erklärt die IRC-Landesdirektorin für Tschad, Aleksandra Roulet-Cimpric. „Frauen und Kinder sind einem größeren Risiko von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt und haben oft Schwierigkeiten, Zugang zu lebensnotwendiger Versorgung wie Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe zu bekommen.“
In Tschad stellt IRC Trinkwasser zur Verfügung und betreibt mobile Kliniken, um den großen Bedarf der ankommenden Menschen an medizinischer Versorgung zu decken. Neben Nothilfemaßnahmen arbeitet IRC auch daran, die Unterstützung in den Bereichen Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), Gesundheit und Schutz auszuweiten. Dazu gehören der Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen sowie die Förderung guter Hygienepraktiken, um der Verbreitung von Krankheiten vorzubeugen.
Spende jetzt, um IRC dabei zu unterstützen, lebensnotwendige Hilfe in Sudan zu leisten. Wir leisten aktiv lebenswichtige Hilfe für Menschen in über 50 Ländern, die von Krisen betroffen sind, darunter auch Länder, die auf der Emergency Watchlist 2024 stehen.
Erfahre mehr über die zehn größten Krisen, die die Welt im Jahr 2024 nicht ignorieren kann und lade dir die vollständige Emergency Watchlist 2024 mit den Profilen aller 20 Krisenländer der IRC-Liste herunter.