Resettlement ist die direkte Umsiedlung von Geflüchteten aus Erstaufnahmeländer in dauerhafte Aufnahmeländer und zählt zu den wichtigsten sicheren und regulären direkten Zugangswegen für Schutzsuchende, u.a. in die EU. Der Großteil, der am stärksten gefährdeten Geflüchteten der Welt fliehen in die direkten Nachbarländer, die oft Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind und keine langfristigen Perspektiven und Schutz bieten können. Über das Resettlement-Programm bleibt besonders vulnerablen Gruppen, wie schwerkranken Personen, die gefährliche und oft kostspielige Fluchtroute erspart und ihre Einreise und der Aufenthalt sind gesichert.      

Der weltweite Resettlement-Bedarf hat laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ein Rekordlevel erreicht und steigt weiterhin: Dieses Jahr sind zwei Millionen Geflüchtete auf Aufnahme über Resettlement-Programme angewiesen, während es 2022 noch 1,47 Millionen waren. Für 2024 wird sogar erwartet, dass die Zahl der Personen, die auf Resettlement angewiesen sind, sich erneut um 20% erhöht auf 2,4 Millionen Menschen. 

In den ersten sieben Monaten dieses Jahres haben nach Angaben des UNHCR nur 11 EU-Länder Geflüchteten Resettlement-Plätze bereitgestellt. Die große Mehrheit aller Menschen wurde dabei von Deutschland (45 Prozent) und Frankreich (22 Prozent) aufgenommen. Wie auch im letzten Jahr hat die Mehrheit der EU-Länder bis Ende Juli 2023 keinem einzigen Menschen einen Resettlement-Platz zur Verfügung gestellt. 

Deutschland ist in den letzten Jahren global ein wichtiges Aufnahmeland für Resettlement geworden. Aktuell steht die Bundesregierung vor der Entscheidung, wie viele Resettlement-Aufnahmeplätze sie im Rahmen des gemeinsamen Resettlement-Programms der Europäischen Union (EU) bereitstellt. Die EU-Mitgliedsstaaten sind gefragt, ihre Aufnahmekontingente für 2024 und 2025, also für zwei Jahre statt für ein Jahr, im Voraus festzulegen. 

2022 hat Deutschland im EU-Vergleich eine Vorreiterrolle im Resettlement eingenommen und im Gegensatz zu vielen anderen EU-Mitgliedstaaten die Zahl der Aufnahmeplätze nicht reduziert, sondern im Angesicht des global steigenden Bedarfs erhöht.  

Aufbauend auf diesem wichtigen und richtigen Signal fordern wir die Bundesregierung dazu auf:  

  1. Die Aufnahmezahlen wie im Koalitionsvertrag angekündigt weiter anzuheben. Die Erhöhung sollte sich dabei proportional zu dem gestiegenen Bedarf verhalten. Für das Jahr 2024 sollen 8.000 Plätze bereitgestellt werden, diese Zahl soll für 2025 auf 9.600 Plätze aufgestockt werden. Dies muss auch ausreichend Aufnahmeplätze für Notfallaufnahmen und nicht zugewiesene Kontingente für zukünftige Krisen beinhalten. 
  2. Das 2023 gestartete Resettlement-Programm für afghanische Geflüchtete in Pakistan erfolgreich zu pilotieren und in den Folgejahren zu verstetigen.   
  3. Den Verpflichtungen aus dem laufenden Resettlement-Programm nachzukommen, das Verfahren zu optimieren und auf Bedürfnisse der Schutzbedürftigen abzustimmen.  

Corina Pfitzner, Leitung IRC Deutschland, kommentiert:    

,,Der weltweite Resettlement-Bedarf ist aktuell auf einem Rekordhoch: 2 Millionen Menschen sind 2023 auf Resettlement angewiesen. Angesichts dieses drastisch steigenden Resettlement-Bedarfs ist Deutschland in der Verantwortung einen Beitrag zu einer verhältnismäßigeren Verteilung von schutzbedürftigen Personen auf globaler Ebene und so einer faireren Verantwortungsteilung in der internationalen Gemeinschaft, zu leisten.  

Deutschland hat im EU-Vergleich eine Vorreiterrolle und im Gegensatz zu vielen anderen EU-Mitgliedstaaten die Zahl der Aufnahmeplätze in den vergangenen Jahren nicht reduziert, sondern angesichts des steigenden globalen Bedarfs erhöht. 

Die positive Entwicklung aus dem letzten Jahr sollte weitergeführt und an den aktuellen Bedarf angepasst werden indem für das Jahr 2024 8.000 Aufnahmeplätze bereitgestellt werden und die verfügbaren Plätze für 2025 noch einmal auf 9.600 Plätze aufgestockt werden. 

Außerdem sollte durch eine zügige und auf die Bedürfnisse der Schutzsuchenden zugeschnittene Umsetzung des deutschen Resettlement-Programms sichergestellt werden, dass alle zugesagten Aufnahmeplätze auch ausgefüllt werden können.” 

Auf europäischer Ebene fordert International Rescue Committee (IRC) die Regierungen der Mitgliedstaaten auf: 

  1. Ihre Bemühungen zu verstärken, um ihrer Verpflichtung zum Resettlement von mindestens 15.897 Geflüchteten im Jahr 2023 nachzukommen. 
  2. Sich zum Resettlement von mindestens 44.000 Geflüchteten im Jahr 2024 und 48.000 im Jahr 2025 zu verpflichten, um die Anzahl der aufgenommenen Menschen in einem Maße zu erhöhen, das dem Wohlstand und der Größe Europas angemessen ist.  
  3. Durch Verabschiedung der EU-Resettlement-Verordnung einen Rechtsrahmen für ein strukturierteres, planbares und langfristigeres EU-Resettlement-System zu schaffen. 

Harlem Desir, IRC-Vizepräsident für Europa, sagt: 

„Während die Verhandlungen über die von der EU vorgelegten Asyl- und Migrationsreformen weitergehen, sollten sich die Staats- und Regierungschef*innen zumindest in einem Punkt einig sein: Das Resettlement von Geflüchteten kommt allen zugute. Es ist ein dringend benötigter Weg in die Sicherheit für einige der am meisten gefährdeten Geflüchteten der Welt. Für die Länder mit geringem und mittlerem Einkommen, die 76 Prozent der Geflüchteten weltweit aufnehmen, ist das Resettlement durch EU-Staaten außerdem ein wichtiges Zeichen der Solidarität. Und für Aufnahmeländer wie die EU-Staaten bietet es eine humane, strukturierte, legale und geregelte Möglichkeit zur Aufnahme der von Krisen betroffenen Menschen. 

Jede unerfüllte Zusage bedeutet ein weiterer vergeudeter Resettlement-Platz. Gleichzeitig leben Menschen weiterhin in Ungewissheit und harren in Ländern aus, die ihre Bedarfe nicht erfüllen können. IRC und andere humanitäre Organisationen rufen die EU-Staaten erneut dazu auf, ihren Verpflichtungen für das Resettlement von 15.897 Geflüchteten bis zum Ende dieses Jahres nachzukommen. Wir sind uns sicher, dass es für die EU absolut machbar ist, im Jahr 2024 gemeinsam 44.000 Menschen durch diesen sicheren Aufnahmeweg Schutz zu gewähren und die Zahl in den kommenden Jahren noch weiter zu erhöhen. Nur so kann der Aufnahmekapazität Europas annähernd Rechnung getragen werden, denn diese ist in der Realität eindeutig viel höher.“