Frauenrechtsaktivistinnen in Uganda haben ein gemeinsames Ziel: Sie wollen eine bessere Gesellschaft für Mädchen und Frauen schaffen, in der jede die Chance hat, sich zu verwirklichen. Mädchen sollen nicht zwangsverheiratet werden, sondern in die Schule gehen können. Frauen müssen vor häuslicher Gewalt geschützt werden und wirtschaftlich mehr Gleichberechtigung erfahren, damit auch sie die Möglichkeit haben, eine bezahlte Arbeit aufnehmen zu können.

Jackie Letaru

„Ich bin eine starke Feministin!“

Die 29-jährige Jackie ist Lehrerin. Sie lebt gleich neben der Schule im Yumbe Distrikt im Norden Ugandas, in der sie arbeitet.

„In der Schule muss ich ein Vorbild für die Mädchen sein.“ sagt sie, während ihre beiden Kinder friedlich neben ihr spielen. „Es ist wichtig für alle - für Jungs genau wie für Mädchen - Zugang zu Bildung zu haben. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Jackie hat ihr ganzes Leben lang dafür gekämpft, dass Mädchen zur Schule gehen können. „Als mich jemand das erste Mal ‚Aktivistin‘ genannt hat, war ich überrascht. Dann aber habe ich mich gefreut, dass andere meinen Einsatz bemerken.“

Seit zwei Jahren ist sie Mitglied der „Logoa Women“ – einer ugandischen Gruppe von Aktivistinnen. IRC arbeitet mit Logoa und auch anderen Gruppen zusammen auf ihr Ziel hin, Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen zu erreichen.

Jackie und ihre Kinder an einem Nachmittag nach der Schule.
Jackie Letaru mit ihren Kindern Jovan (3) und Jedidah (7) nach der Schule.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

Die Aktivistinnen lernen durch gezieltes Training bei IRC, wie sie zum Beispiel Frauen, die von sexueller Belästigung oder Gewalt betroffen sind, besser unterstützen und Missbrauch melden können. 

Zusammen mit den anderen Frauen aus ihrer Gruppe führt Jackie Theaterstücke innerhalb ihrer Gemeinde auf. Damit wollen sie Bewusstsein für die Probleme schaffen, die Mädchen und Frauen jeden Tag bewältigen müssen.

Jackie schaut den Mädchen beim Netzball spielen zu.
Nach der Schule spielen die Mädchen im Yumbe District Netzball.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

„Ich bin Feministin, weil ich denke, dass jedem Menschen die gleichen Rechte zustehen. Ich habe damit angefangen, mich selbst zu achten, mir Verständnis entgegenzubringen und mich zu mögen“, erzählt sie.

„Mit Menschen ist es wie mit Geld: Auch wenn man Geld zusammenknüllt und auf den Boden wirft, verliert es nicht seinen Wert. Du kannst es aufheben, glattstreichen und etwas damit kaufen. Mit uns Menschen ist es genauso; egal was uns passiert, es verändert nicht unseren Wert,” ist sich Jackie sicher.

Grace Muuduru

„Wir müssen zusammenarbeiten, damit alle sehen: Frauen haben auch ein Recht auf eine eigene Existenz.“

Seitdem sie in der Schule war, hat sich die 27-jährige Grace für die Gleichberechtigung von Frauen eingesetzt. Sie erinnert sich, wie sie für ihre Freundinnen, die von Jungs gemobbt wurden, eingesetzt hat. Da sagte sie: „Eines Tages könnte dieses Mädchen Präsidentin sein!“

Heute arbeitet Grace für COSMESS, eine Frauenrechts-Gruppe im Norden Ugandas, die sowohl geflüchteten als auch schon länger ortsansässigen Frauen hilft. Mehr als 800.000 Menschen aus Südsudan haben vor dem brutalen Konflikt, der seit 2013 in ihrer Heimat herrscht, in Uganda Zuflucht gesucht.

COSMESS bietet Trainings an, die es Frauen ermöglichen, auch traditionell männliche Berufe wie Tischlerin und Automechanikerin auszuüben.

Vivian und Grace in einem Schuhladen in Bidi Bidi.
Vivian Aba, 19, in ihrem Schuhladen im Flüchtlingslager in Bidi Bidi. Durch Training von COSMESS und Grace Muuduru, hat sie es geschafft, ihr eigenes Unternehmen zu gründen.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

„In der Schule haben sie gesagt, Naturwissenschaften ist nichts für Frauen. Sie seien nicht fähig, solche Arbeiten zu erledigen. Aber wir sagen, wir sind gleichberechtigt: Frauen können, was Männer können. Wenn sie die Möglichkeit bekommen, sind Frauen sogar besser.“

COSMESS hält auch Informationsveranstaltungen ab, in denen das Bewusstsein zu sexueller Belästigung geschärft werden soll. „So etwas passiert oft in unserer Gemeinde“, erklärt Grace. „Manchmal ist Frauen gar nicht bewusst ist, dass sie sexuell belästigt wurden. Wir klären sie über die verschiedenen Formen auf. Außerdem haben wir Vertrauenspersonen, bei denen sie sich melden können, wenn ihnen etwas passiert ist.“

Grace und ihre Kollegin Fatuma laufen durch die Straßen.
Grace Muuduru und ihre Kollegin Fatuma Jamila.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

Auf ihre Arbeit wurde oft mit Kritik reagiert, erinnert sich Grace. „Viele Menschen sind oft gegen uns. Sie fragen, wer wir denn seien und dass wir Dinge ändern wollen, die sie schon ganz lange so machen. Sie fragen, ob wir ihre Kultur verändern wollen. Manchmal sind wir niedergeschlagen. Aber wir müssen weiter machen und für unsere Rechte einstehen!“

„Ich wurde Aktivistin, weil Frauen Gewalt angetan wird. Die Leute hören ihnen nicht zu. Ich muss sie unterstützen, wo immer ich kann. Wir müssen zusammenarbeiten, damit alle sehen: Frauen haben auch ein Recht auf eine eigene Existenz.“

Foni Grace

„Ich möchte, dass in den nächsten Jahren mehr Frauen in Führungspositionen gelangen. Was ein Mann kann, kann eine Frau schon längst.“

Die 30-jährige Foni Grace musste vor dem Krieg in Südsudan fliehen. Im Jahr 2015 kam sie zusammen mit ihren beiden Töchtern nach Bidi Bidi in Uganda, dem zweitgrößten Flüchtlingslager der Welt. „In Südsudan können Kinder nicht zur Schule gehen. Es gibt keine richtige Bildung, Kinder und Frauen werden getötet.“

Heute ist Foni Mitglied von „Togoletta“, einer Gruppe geflüchteter Frauen, die andere Frauen im Flüchtlingslager beraten. Sie helfen dabei, Gewalt zu verhindern und unterstützen Frauen, damit sie sich von Missbrauch wieder erholen können. In Krisenzeiten steigt die Zahl von gewaltsamen Übergriffen gegen Frauen und Mädchen immer an. Deshalb ist es wichtig, dass an Orten wie Bidi Bidi Mechanismen umgesetzt werden, mit denen häusliche Gewalt verhindert und Überlebende geschützt werden können.

 

Vier Frauen der Togoletta Frauenrechtsgruppe
Die meisten Frauen aus der Togoletta Frauenrechtsgruppe wohnen nah beieinander. Die Frauen treffen sich manchmal vor Jemimah’s Teeladen in Zone 2 im Bidi Bidi Flüchtlingslager.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

„Alle hier arbeiten zusammen – egal, ob sie geflüchtet sind oder schon lange hier leben: Als wir von unserer Idee erzählt haben, stellten wir fest, dass geflüchtete Frauen und Frauen aus den Aufnahmegemeinschaften mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Wir sind zusammengekommen, um uns gegenseitig zu helfen.

Ich werde meine Arbeit für Frauen immer weitermachen – auch wenn ich wieder in den Südsudan zurückkehre. Ich möchte, dass in den nächsten Jahren mehr Frauen in Führungspositionen gelangen. Was ein Mann kann, kann eine Frau schon längst.“

Jemimah Sadia

„Wir bringen Frauen zusammen, damit sie aus den schwierigen Situationen herauskommen und ihre Probleme hinter sich lassen können.“

Die 54-jährige Jemimah kommt auch aus Südsudan und ist die Gründerin von Togoletta. Der Aufbau der Frauenrechtsbewegung in Bidi Bidi ist seit ihrer Flucht nach Uganda ein wichtiger Teil ihres Lebens.

„Unser Herz ist voller Liebe“, sagt Jemimah, wenn sie sich mit den anderen Aktivistinnen aus der Frauengruppe versammelt hat. „Wir müssen uns mit den Frauen zusammensetzen und ihnen zuhören, dann können wir ihnen sagen, wie sie stark bleiben können.“

Aktivistinnen bei einer Sitzung mit zwei Frauen aus dem Flüchtlingslager Bidi Bidi.
Die Aktivistinnen der Togoletta Gruppe bei einer Sitzung mit Margaret und Cecilia, zwei Frauen aus dem Flüchtlingslager Bidi Bidi.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

„IRC hat uns darin ausgebildet, wie wir Mädchen vor Zwangsheirat schützen und diejenigen, die schwanger geworden sind, besonders unterstützen können. Nachdem sie ihr Kind bekommen haben, sollten sie wieder zurück zur Schule gehen können. Wir müssen diesen Mädchen helfen.“

Die Aktivistinnengruppe Togoletta hat viele Frauen unterstützt, darunter auch eine, die stark selbstmordgefährdet war. „Togoletta macht Frauen stark: Wir bringen Frauen zusammen, damit sie aus den schwierigen Situationen herauskommen und ihre Probleme hinter sich lassen können,“ erklärt Jemimah.

Jemimah läuft mit ihrer Kollegin durch das Flüchtlingslager Bidi Bidi.
Jemimah und Foni laufen durch das Flüchtlingslager Bidi Bidi im Yumbe Distrikt.
Foto: Esther Mbabazi / IRC

Listen Up

Die Aktivistinnen, die ihre Geschichten erzählt haben, sind Teilnehmerinnen des IRC „Listen Up“-Programms, das darauf abzielt, geflüchtete Frauen und Mädchen zu stärken. Das Programm beruht auf dem Verständnis, dass Frauen und Mädchen kraftvolle Akteure des Wandels sind. Sie können das humanitäre System verbessern und institutionelle Reformen anzustoßen. Wir müssen ihnen nur zuhören.

Das „Listen Up“-Team in Uganda arbeitet mit Gruppen von Aktivistinnen in Bidi Bidi und Yumbe zusammen und stellt Trainings, Finanzierung und Unterstützung zur Verfügung, damit sie noch besser gegen sexuelle Belästigung, Ausbeutung und Missbrauch vorgehen können. Das Team konsultiert geflüchtete Frauen und Frauen aus dem Dorf, damit Überlebende von Gewalttaten in Zukunft besser Hilfe erhalten können.

„Listen Up“ wird vom US Department of State, Bureau of Population, Refugees and Migration finanziert.