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Seit Jahrzehnten anhaltende Konflikte, Naturkatastrophen wie Erdbeben und Dürren sowie der Machtwechsel im Jahr 2021 – Afghanistan und seine Bevölkerung haben in den vergangenen Jahren und Monaten multiple Krisen durchlebt. Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist immens groß. Aber wie sollte diese Hilfe aussehen? Und was kann Deutschland tun, um zu helfen? 

Corina Pfitzner, Geschäftsführerin von International Rescue Committee Deutschland, diskutiert in dem Podcast „Was Tun? Der Podcast für mehr Engagement“ die Herausforderungen der humanitären Hilfe, die anhaltende Stärke afghanischer Frauen und erläutert, welche politischen Maßnahmen erforderlich sind, um das deutsche Engagement für die Menschen in Afghanistan aufrechtzuerhalten. 

Humanitäre Bedarfe auf Rekordniveau 

Die humanitären Bedarfe der afghanischen Bevölkerung befinden sich auf einem Rekordniveau. Fast 29,2 Millionen der 43 Millionen Menschen in Afghanistan benötigen humanitäre Hilfe – seit Mitte 2021 hat sich die Zahl fast verdreifacht. Damit ist Afghanistan aktuell eines der Länder mit der höchsten Anzahl von Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. 

Corina Pfitzner, die im Oktober 2023 vor Ort in Afghanistan war, um sich gemeinsam mit Partner*innen und Klient*innen ein Bild von der aktuellen Situation zu machen, betont, dass die Vielzahl der Krisen eine gewaltige Herausforderung darstellt: „Ich habe ein Land gesehen, das ernsthaft Gefahr läuft, in eine strukturelle und chronische Armut abzurutschen.“ 

Finanzielle Engpässe in der humanitären Hilfe 

Seit dem Machtwechsel im August 2021 leiden die Menschen in Afghanistan unter einer kontinuierlichen wirtschaftlichen Krise, wobei akuter Hunger und Unterernährung zu den gravierendsten Herausforderungen des Landes gehören.

Besonders Frauen und Mädchen sind in außergewöhnlichem Maße von dieser Krise betroffen. Trotz der ernsten humanitären Lage kommt es immer wieder zu finanziellen Engpässen bei der Finanzierung des humanitären Hilfsplans für Afghanistan, was das Leben von Millionen von Afghan*innen gefährdet. 

Etwa zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das ist eine Katastrophe. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die internationale Gemeinschaft den Menschen in Afghanistan beisteht und den Blick nicht abwendet. Zum Beispiel im Hinblick auf den Fluss von Finanzmitteln, besonders in der aktuellen Situation, in der Afghanistan mit so vielen Krisen konfrontiert ist.“ – Abdul Khaliq Sediqi, Kommunikationskoordinator für IRC in Afghanistan

 

Stärkung und Unterstützung der lokalen Zivilgesellschaft 

Seit 1988 ist das International Rescue Committee (IRC) in Afghanistan aktiv und unterstützt Gemeinden dabei, eigene Entwicklungsprojekte zu identifizieren, zu planen und zu verwalten. Derzeit arbeitet IRC in zwölf Provinzen eng mit verschiedenen Gemeinden zusammen. Diese Präsenz ist von großer Bedeutung, um schnell auf Katastrophen reagieren zu können.

Ein Beispiel dafür ist die rasche Reaktion in Herat, wo IRC innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Erdbeben im Oktober 2023 die Bedarfe vor Ort erhoben und direkt humanitäre Hilfe geleistet hat. Gleichzeitig arbeiten IRC-Teams in der Provinz Nangarhar intensiv in der Grenzregion, um Rückkehrende aus Pakistan zu unterstützen. 

Abgesehen von der Reaktion auf humanitäre Katastrophen geht es IRC auch um den Wiederaufbau grundlegender Strukturen und die Sicherstellung der Grundversorgung nach den zahlreichen Naturkatastrophen und Konflikten der letzten Jahrzehnte sowie als Reaktion auf die aktuelle Wirtschaftskrise.

Das Ziel von IRC ist es, die lokale Zivilgesellschaft zu stärken und zu unterstützen. Corina Pfitzner betont die Notwendigkeit konkreter Mechanismen zur Unterstützung lokaler, frauengeführter Organisationen und zur Sicherstellung ihrer Fortbeständigkeit. Dabei können weniger bürokratische und flexible Förderregelungen, die für lokale Organisationen zugänglich sind, einen Beitrag leisten. 

Wie wirken sich die finanziellen Kürzungen für die humanitäre Hilfe in Afghanistan aus? 

Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung der Aufgabe verpflichtet, eine (humanitäre) Katastrophe in Afghanistan zu verhindern. Aktuelle Kürzungen für die humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan gehen jedoch in eine falsche Richtung und können fatale Konsequenzen haben. ➤ Deshalb fordern wir neben zusätzlichen Mitteln für die humanitäre Hilfe, strukturbildende Übergangshilfe und langfristig ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit für nachhaltige Lösungen für die verschiedenen Krisen.

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