Zu Beginn der COP30 ruft International Rescue Committee (IRC) die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Bedarfe von krisenbetroffenen Menschen konsequent in den Mittelpunkt der Klimapolitik zu stellen. Menschen in Krisenregionen tragen schon heute die Hauptlast der Klimakrise, erhalten aber kaum Unterstützung – dadurch sind das Leben und die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen akut gefährdet.

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen am härtesten dort, wo die internationale Unterstützung aufgrund von Kürzungen in den bereitgestellten öffentlichen Geldern zurückgeht. In nur 17 Ländern, die zeitgleich von Konflikten und den Folgen des Klimawandels betroffen sind und in denen lediglich 11 Prozent der Weltbevölkerung leben, konzentrieren sich 70 Prozent des globalen humanitären Bedarfs. Dort leben auch 70 Prozent aller Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Schon heute leben dort 44 Prozent der Menschen, die in extremer Armut leben. Bleibt entschlossenes Handeln aus, könnte dieser Anteil bis 2050 auf 65 Prozent anwachsen.

Dennoch erhielten diese Staaten 2022 nur 12 Prozent der internationalen Anpassungsfinanzierung für einkommensschwache Länder und sind überdurchschnittlich stark von Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe betroffen. Ohne eine klare Kurskorrektur drohen dort ein Rückschritt in der Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele und der Rückfall aus der mühsam aufgebauten Stabilität.

Der Klimawandel wird zunehmend auch zur globalen Gesundheitskrise. Er treibt die Ausbreitung wasserbedingter Infektionskrankheiten wie Cholera voran – besonders dort, wo der Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen fehlt. Gleichzeitig stört er Wasser- und Ernährungssysteme und und führt zu wachsender Nahrungsmittelknappheit. Mehr als die Hälfte aller Infektionskrankheiten wird heute durch den Klimawandel verstärkt. Zudem hängen rund 75 Prozent aller Naturkatastrophen mit Wasser zusammen – von Überschwemmungen bis zu Dürren.

Besonders stark betroffen sind fragile und konfliktbetroffene Regionen: Sie verzeichnen über 70 Prozent aller Epidemieausbrüche oder schnell übertragbaren Krankheitsfälle. Gleichzeitig führen Klimaextreme zu Ernteausfällen, Viehverlusten und steigenden Lebensmittelpreisen – mit gravierenden Folgen für  Hunger und Unterernährung, vor allem bei Kindern unter fünf Jahren sowie bei schwangeren und stillenden Frauen.

Lena Görgen, Leitung Advocacy bei IRC Deutschland, kommentiert: ,,Zum Auftakt der COP30 dürfen wir nicht ignorieren, dass internationale Klimafinanzierung bislang genau jene Menschen zu wenig erreicht, die sowohl von der Klimakrise als auch von Konflikt betroffen sind. In diesen Ländern verstärken sich die Auswirkungen von bewaffneten Konflikten, Armut und Klimawandel gegenseitig – und dennoch bleiben sie von internationaler Unterstützung weitgehend systematisch ausgeschlossen. Gerade dort, wo Menschen am stärksten gefährdet sind, fehlen dringend benötigte Mittel. Das hat gravierende Folgen nicht nur für die Menschen vor Ort, sondern auch für die globale Klimagerechtigkeit.

Mit der Selbstverpflichtung, jährlich sechs Milliarden Euro zur internationalen Klimafinanzierung beizutragen, hat die Bundesregierung ein wichtiges Signal gesetzt – sowohl für betroffene Gemeinden als auch für andere Geberregierungen. Dass sie diese Zusage 2025 und 2026 voraussichtlich verfehlt, sendet jedoch das gegenteilige Signal. Als einer der führenden Geber in der internationalen Klimafinanzierung sollte die Bundesregierung sicherstellen, dass zugesagte Mittel auch fragile und konfliktbetroffene Staaten erreichen, statt Kürzungen vorzunehmen.

Die COP30 muss ambitionierte Zielmarken setzen: Klimagerechtigkeit beginnt dort, wo Klima und Konflikte sich gegenseitig verstärken. Flexible Anpassungsfinanzierung für krisenbetroffene Länder, lokal geführte Anpassungsmaßnahmen und Investitionen in Frühwarnsysteme sind jetzt entscheidend. Die COP30 muss der Moment sein, in dem wir Klimagerechtigkeit endlich auch für fragile und konfliktbetroffene Staaten verwirklichen – sonst verspielen wir unsere gemeinsame Zukunft.“
 

IRC ruft die Entscheidungsträger*innen bei der COP30 dazu auf:

  1. Flexible, zuschussbasierte Anpassungsfinanzierung bereitzustellen: Zuschüsse sind entscheidend, damit hochverschuldete und konfliktbetroffene Staaten nicht mit zusätzlichen Krediten belastet werden. Jeder investierte Euro in frühzeitige Risikoreduzierung spart bis zu 13 Euro bei der Krisenbewältigung.
  2. Ein neues Ziel für Anpassungsfinanzierung festzulegen: Dieses Ziel muss die überproportionalen Auswirkungen des Klimawandels auf konfliktbetroffene Bevölkerungen anerkennen. Diese Länder müssen mindestens 19 Prozent der gesamten Anpassungsfinanzierung für einkommensschwache Ländern bis 2030 erhalten.
  3. Vorausschauende Maßnahmen auszuweiten: Vorausschauende Finanzierung ermöglicht frühzeitige Maßnahmen wie Bargeldhilfe, Frühwarnsysteme oder Dürreinterventionen – auf Basis von Klimavorhersagen. Fragile Staaten erhalten derzeit zehnmal weniger vorbereitete Finanzmittel pro Kopf als andere Staaten. Diese Lücke muss dringend geschlossen werden.
  4. Gemeindebasierte, integrierte und konfliktsensible Resilienzzu stärken: Lokale, von Gemeinden entwickelte Lösungen sind flexibler und nachhaltiger. Gleichzeitig fördern sie den sozialen Zusammenhalt.