• Sudan, das besetzte palästinensische Gebiet und Südsudan führen die Watchlist 2026 an, eine Rangliste der 20 Länder, in denen sich die humanitäre Lage im kommenden Jahr voraussichtlich am stärksten verschlechtern wird.

  • In Deutschland wurden die Mittel für 2025 und 2026 gegenüber 2024 um rund 50 Prozent gekürzt. 83 Prozent der USAID-finanzierten Hilfsprogramme wurden weltweit gestrichen.

  • Potenziell kosteten globale Hilfskürzungen 1,8 Millionen Menschen 2025 das Leben, darunter fast 700.000 Kinder unter fünf.

  • Zwei Millionen IRC-Klient*innen verloren 2025 Zugang zu humanitären Dienstleistungen.

  • In mindestens 36 Ländern wurde 2025 der humanitäre Zugang gezielt eingeschränkt.

  • Bis September 2025 wurden weltweit 617 humanitäre Helfer*innen getötet, verletzt oder entführt. 96 Prozent dieser Vorfälle ereigneten sich in Ländern auf der Watchlist. Besonders betroffen waren humanitäre Helfer*innen in Gaza mit 198 Fällen, Sudan mit 36

  • In den 20 Ländern auf der Watchlist leben nur 12 Prozent der Weltbevölkerung, jedoch 89 Prozent aller Menschen in humanitärer Not. Vier von fünf weltweit Vertriebenen fliehen aus einem dieser Länder.

  • 117 Millionen mussten 2025 aus ihrer Heimat fliehen – 71 Prozent von ihnen leben in einkommensschwachen Ländern.

  • Bis 2029 wird mehr als die Hälfte aller von extremer Armut betroffenen Menschen in fragilen und Krisenkontexten eben – trotz weltweit sinkender Armutszahlen.

  • Frauen und Mädchen sind besonders gefährdet: Das Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt ist in Krisen mehr als doppelt so hoch wie in stabilen Staaten.

 International Rescue Committee (IRC) veröffentlicht heute die Emergency Watchlist 2026 – eine Rangliste der 20 Länder, in denen sich die humanitäre Lage im kommenden Jahr voraussichtlich am stärksten verschlechtern wird. Die Watchlist zeigt eine alarmierende Zuspitzung humanitärer Krisen auf: Bewaffnete Konflikte dauern länger und werden tödlicher, während geopolitische Rivalitäten zunehmen und Verstöße gegen das Völkerrecht und internationale Normen immer häufiger ohne Konsequenzen bleiben. Das Ergebnis ist eine „Neue Welt(un)ordnung“, geprägt von Gewalt, Hunger und systematisch eingeschränktem humanitären Zugang, die das Leben von Millionen Menschen bedrohen.

An der Spitze der Watchlist steht zum dritten Mal in Folge Sudan, gefolgt von dem besetzten palästinensischen Gebiet und Südsudan – drei Krisenkontexte, in denen sich die Lage ohne schnelles politisches Handeln weiter destabilisieren wird. Die IRC-Analyse zeigt, dass 2026 insbesondere Folgendes in den Top-Drei Länder auf der Watchlist droht:

Die IRC-Emergency Watchlist 2026 verdeutlicht: humanitäre Notlagen, Kriege und Krisen konzentrieren sich zunehmend auf wenige Länder und Weltregionen. Gleichzeitig bricht die internationale Finanzierung zur Unterstützung der betroffenen Menschen dramatisch ein: Führende Geberregierungen – darunter auch Deutschland – haben ihre humanitären Budgets im vergangenen Jahr um rund 50 Prozent gekürzt. Die Folgen sind verheerend: Schätzungen zufolge kostete dieser Rückgang 1,8 Millionen Menschen 2025 das Leben – darunter fast 700.000 Kinder unter fünf.

Lena Görgen, Landesvertreterin IRC Deutschland, kommentiert: „ Noch nie waren so viele Menschen unverschuldet auf humanitäre Hilfe angewiesen – und gleichzeitig werden die internationalen Systeme, die ihre Unterstützung garantieren sollen, wegen gegenläufigen politischen Prioritäten abgebaut. Geberstaaten ziehen sich aus der finanziellen und politischen Verantwortung zurück, Profitinteressen befeuern Konflikte und Völkerrechtsverstöße bleiben vermehrt straflos. Die internationale Ordnung, auf die sich die Weltgemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg verständigt hat, wird systematisch entkernt.  Internationale Zusammenarbeit folgt nicht mehr dem Leitgedanken von Solidarität und wechselseitigem Aufeinander-Angewiesensein, sondern Profit und geopolitischem Kalkül. 2025 gilt plötzlich wieder das Recht der Stärkeren.

Diesem Trend sollte die Bundesregierung entschieden entgegentreten – indem sie humanitäre Hilfe weiterhin als bedarfsorientiertes Instrument und nicht als politische Verhandlungsmasse nutzt. Jetzt braucht es politischen Willen und belastbare Allianzen, um Verantwortung in einer immer fragiler werdenden Welt der (Un)ordnung zu übernehmen. Deutschlands Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit als globaler Akteur hängt davon ab, wie entschlossen internationale Normen verteidigt und humanitäre Prinzipien beschützt werden  – im Sinne der Sicherheit und Würde von Menschen in Konfliktgebieten weltweit. Denn es ist auch in unserem Sinne in Deutschland, ob die internationale Ordnung fortbesteht: Ob diese Ordnung gestärkt wird oder weiter zerfällt, hängt auch vom entschlossenen Handeln der Bundesregierung als humanitäre Akteurin ab.“

David Miliband, IRC-Präsident und CEO, ergänzt: „Was wir vor Ort beobachten, ist kein tragischer Zufall. Die Welt versagt nicht einfach darin, auf Krisen zu reagieren – globale Entscheidungen tragen aktiv dazu bei, sie zu erzeugen, zu verlängern und zu fördern. Das Ausmaß der Krise in Sudan – der in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge an erster Stelle der Watchlist steht und nun die größte jemals dokumentierte humanitäre Krise darstellt – ist ein Sinnbild dieser Welt(un)ordnung.

Die diesjährige Watchlist ist ein Zeugnis unermesslichen Leids – und zugleich eine Warnung: Ohne entschlossenes Handeln jener, die über die Macht verfügen, Veränderung herbeizuführen, droht 2026 zum gefährlichsten Jahr unserer Zeit zu werden. Zivilist*innen in den Ländern auf der Watchlist zahlen schon heute den Preis dafür. IRC steht an ihrer Seite, um praktische Lösungen bereitzustellen, die Leben retten und Hoffnung zurückgeben. Doch die neue Welt(un)ordnung ist Realität – und die Stürme werden überall stärker. Unordnung erzeugt neue Unordnung. Die Frage ist, ob wir mit Weitsicht handeln und die  Chance zur Erneuerung nutzen – oder uns weiter zurückziehen.“

Vor dem Hintergrund der neuen Welt(un)ordnung fordert IRC die Bundesregierung auf:

  1. Humanitäre Diplomatie und Friedensbemühungen stärken: Die Bundesregierung sollte ihre humanitäre Diplomatie konsequent ausbauen, ressortübergreifend abstimmen und sicherstellen, dass konfliktbetroffene Menschen geschützt werden. Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dürfen nicht straflos bleiben: Waffenexporte sollten beim Risiko, dass sie bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht eingesetzt werden, und internationale Gerichte der UN gestärkt werden. Deutschland sollte gemeinsam mit den EU Friedensinitiativen voranbringen und auch einflussreiche Akteure (u.a.Türkei, Vereinigte Arabische Emirate und China) einbeziehen. Zivilgesellschaftliche Gruppen und vor allem Frauen müssen in allen  diplomatischen Prozessen gleichberechtigt eingebunden werden.
  2. Haushaltsmittel dort einsetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden: Öffentliche Entwicklungsfinanzierung (ODA), inklusive humanitärer Mittel müssen priorisiert in fragile und konfliktbetroffene Staaten fließen. Dabei sollen bewährte, wirkungsstarke Ansätze wie Bargeldhilfen, präventive Gesundheitsmaßnahmen sowie Partnerschaften mit lokalen Organisationen finanziell gestärkt werden.
  3. Vorausschauende Maßnahmen zur Klimaanpassung ausbauen: Die Bundesregierung sollte die Widerstandskraft von klima- und krisenanfälligen Staaten stärken, indem ein signifikanter Anteil der Klimafinanzierung in diese Länder fließt, inklusive Unterstützung bei der Umsetzung nationaler Anpassungspläne. Vorausschauende humanitäre Maßnahmen, wie z. B. Frühwarnsysteme und präventive Hilfe, müssen in Krisenkontexten systematisch verankert werden, um Schäden zu begrenzen und die Resilienz von Gemeinschaften zu erhöhen.

Die Top-10 Watchlist-Länder sind: 

  1. Sudan
  2. das besetzte palästinensische Gebiet
  3. Südsudan
  4. Äthiopien
  5. Haiti
  6. Myanmar
  7. DRK
  8. Mali
  9. Burkina Faso
  10. Libanon

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